Am Freitagnachmittag, in einer Sitzung des Verwaltungsrats der Ecole hôtelière de Lausanne, erfuhr Doris Fiala (61) per SMS von einer weiteren Parteikollegin, die nicht für die Nachfolge des abtretenden Bundesrats Johann Schneider-Ammann (66) zur Verfügung steht.
Wieder eine weniger und ein weiterer Dämpfer für Fiala, FDP-Nationalrätin und Präsidentin der freisinnigen Frauen, die derzeit landauf, landab fieberhaft nach valablen Kandidatinnen fahndet.
Den Namen der «gestandenen Regierungsrätin», von der das SMS stammte, will Fiala nicht nennen, sie hält aber fest: «Schon am Montag habe ich alle unsere sieben Regierungsätinnen angefragt, die zuvor bereits von der Mutterpartei kontaktiert worden waren, ob sie sich eine Kandidatur vorstellen könnten.»
Die meisten, so auch die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (60), winkten ab. Andere Exekutivpolitikerinnen antworteten gar nicht erst.
Die Wichtigkeit eines reinen Frauentickets ist erkannt
Doch Fiala gibt sich kämpferisch. «Ich lasse mich noch nicht entmutigen.» Sie erklärt: «Bei der Ersatzwahl von Didier Burkhalter habe ich die Wichtigkeit eines reinen Frauentickets erkannt und vom nationalen Frauenvorstand den Auftrag erhalten, entsprechend zu handeln.» Diesen Weg wolle sie nun weitergehen.
Nicht stur, so Fiala, «aber konsequent, bis mich die Realität eines Besseren belehrt haben wird».
Der Anspruch eines rein weiblichen Tickets holt die Präsidentin der FDP-Frauen nun rascher ein, als sie selbst gedacht hätte. Fiala räumt ein, dass das Feld der potenziellen Kandidatinnen stetig schrumpft. «Ich erkenne schmerzlich einen der Hauptgründe, warum das so ist: Noch immer trauen sich Frauen im harten Wettbewerb einfach zu wenig zu, selbst wenn sie über jahrelange politische Erfahrung verfügen.»
Bei jener Regierungsrätin, die sich am Freitag aus dem Rennen nahm, hatte Fiala lange «ein gutes Gefühl». Doch die Parteikollegin erklärte, dass ihre Fremdsprachenkenntnisse allenfalls nicht für die Arbeit in der Landesregierung ausreichten. Fiala seufzt: «Zeigen Sie mir einen Politiker in Bern, der derart selbstkritisch mit sich ins Gericht geht.»
Fiala will alles versuchen
Die Zurückhaltung der FDP-Frauen hängt aber auch mit der Qualität ihrer – wahrscheinlichen – Konkurrentin zusammen: Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter (54) hat noch nicht bekannt gegeben, ob sie nun tatsächlich kandidiert. Tut sie es, sind ihre Chancen ausgezeichnet. «Sie überstrahlt alles», meint Fiala nachdenklich. Sie verstehe ja, dass die Aussicht, neben der profilierten St. Gallerin in den Hearings der Fraktionen bestehen zu müssen, manche Freisinnige abschrecken. Aber, so die Präsidentin der FDP-Frauen: «Es ist eine Chance, sich, die Frauen und den eigenen Kanton zu profilieren, das müssen die Frauen in unserer Partei begreifen.»
Ihre Hoffnungen ruhen nun auf der Zürcher Nationalrätin Regine Sauter (52) und ein paar wenigen Politikerinnen, die sich noch bedeckt halten. Fiala: «Ich will mir nicht vorwerfen lassen, etwas unversucht gelassen zu haben!»