Der Rücktritt von Didier Burkhalter löst ein politisches Erdbeben aus
Der Rechtsrutsch kommt jetzt doch noch

Aussenminister Didier Burkhalter tritt ab und löst im Bundeshaus Chaos aus. Im Herbst könnten sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat drastisch verschieben – nach rechts.
Publiziert: 15.06.2017 um 08:26 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:28 Uhr
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Tritt auf Ende Oktober zurück: Aussenminister Didier Burkhalter.
Foto: EQ
Christof Vuille, Ruedi Studer, Sermîn Faki

Schock. Unglauben. Trauer. Aussenminister Didier Burkhalter hat mit seinem Rücktritt ganz Bundesbern auf dem falschen Fuss erwischt – und ein politisches Erdbeben ausgelöst.

In der Wandelhalle flossen bereits Minuten nach dem Burkhalter-Hammer Tränen. Allerdings kaum in seiner Partei. Emotionen zeigten linke Nationalrätinnen.

Der Grund ist offensichtlich: Der Neuenburger geniesst bei seinem politischen Gegner grössten Respekt und viel Sympathie. Denn dank der Stimme des weltoffenen, adretten FDP-Vertreters wurde der Rechtsrutsch bei den nationalen Wahlen 2015 in der Regierung nie vollzogen. Guy Parmelin als zweiter SVP-Vertreter konnte selten das Zünglein an der Waage spielen.

Der Rücktritt von Didier Burkhalter (2. Reihe links) bringt wohl Bewegung nach rechts in den Bundesrat.
Foto: Keystone

Zu oft stimmte Burkhalter dafür mit den SP-Vertretern und Bundespräsidentin Doris Leuthard (CVP). So winkte die Landesregierung etwa eine Frauenquote durch und stellte sich gegen den Widerstand von FDP und SVP hinter die Altersreform-Variante von Mitte-links.

Entscheidend war Burkhalters «Unabhängigkeit», wie er es bezeichnet, aber vor allem bei aussenpolitischen Themen. So stemmte sich der freisinnige Romand immer wieder gegen Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit – oder bremste heikle Rüstungsgeschäfte.

SP-Präsident Christian Levrat bejubelt den FDP-Mann in einer Stellungnahme denn auch als «würdigen» Aussenminister. Ein «weltoffenes und positives Bild der Schweiz» habe er im Ausland vermittelt, adelt ihn die Linkspartei im Communiqué, das noch vor jenem der FDP verschickt wurde.

SP-Nationalrat Cédric Wermuth (l.) stellt den Anspruch der FDP auf zwei Bundesratssitze in Frage. Parteikollege Corrado Pardini ist überzeugt, dass ein rechter FDPler chancenlos ist.
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Viele Parlamentarier der Grünen und der SP fürchten, dass es mit der komfortablen Situation nun vorbei ist. Eine Nationalrätin versuchte gestern gar verzweifelt, die linksliberale Berner FDP-Nationalrätin Christa Markwalder als Burkhalter-Nachfolgerin zu lancieren.

Und Cédric Wermuth sagte im Namen der SP zu BLICK: «Es gibt kein Gesetz, das einer Kleinpartei wie der FDP zwei Bundesratssitze zusichert.» Bevor über Namen diskutiert werde, gelte es zu prüfen, ob auch die kleinen Parteien einen Anspruch anmelden könnten. Alle Optionen lägen auf dem Tisch.

Realistisch ist das nicht. So sagt CVP-Präsident Gerhard Pfister: «Der Sitzanspruch der FDP ist gegeben.» Die Linke wird aber alles unternehmen, um einen FDP-Rechtsausleger zu verhindern. Allerdings ist der aktuelle Favorit Ignazio Cassis im Amt als Fraktionschef deutlich nach rechts gerutscht.

Offiziell versucht die SP, den Ball flach zu halten. «Ein Vertreter des rechten FDP-Flügels hat keine Chance, in der Bundesversammlung gewählt zu werden», glaubt etwa Gewerkschaftsboss und Nationalrat Corrado Pardini. Er sei überzeugt, dass nur ein «sozialliberaler Vertreter» der FDP gewählt werde.

SVP-Chef Albert Rösti hofft, «dass auf Burkhalter ein klar bürgerlicher Vertreter folgt».
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Da dürfte auch Zweckoptimismus mitschwingen. Aufbruchstimmung herrschte gestern jedenfalls in den Reihen der SVP. Parteipräsident Albert Rösti sagte bereits Minuten nach der Neuigkeit vielsagend zu BLICK: «Wir hoffen, dass auf Burkhalter ein klar bürgerlicher Vertreter folgt.»

Auch wenn es die meisten Parlamentarier noch nicht so offen sagen wollen, herrscht in einem Punkt Einigkeit: Der Rücktritt des Neuenburgers wird die Schweizer Politik nachhaltiger verändern als die Wahl von Guy Parmelin im Dezember 2015.

Im Sommerloch werden in der Eidgenossenschaft wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Gewählt wird der neue Bundesrat am 20. September.

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