Es geht Schlag auf Schlag für Ignazio Cassis (56): Heute die Wahl in die Landesregierung, am Freitag wird der Tessiner aller Voraussicht nach erfahren, welches Departement er in den kommenden Jahren führen wird. Vier Varianten sind denkbar:
Variante 1: Ersatz für Burkhalter
Cassis bekommt das Aussendepartement EDA, alle anderen machen weiter wie bisher. Für diese Variante spricht sehr viel: Der Posten des Aussenministers wird frei, und kein amtierender Bundesrat will ihn so richtig – wenn auch nur aus parteipolitischem Kalkül. Denn im EDA sind derzeit wenig Lorbeeren zu holen: Die wichtigste Frage der nächsten Jahre – die Beziehungen der Schweiz zur EU – hängt wie ein Damoklesschwert über dem Amt. Wahrscheinlichkeit, dass es so kommt: 85 Prozent.
Variante 2: Kleine Rochade mit Berset
Cassis bekommt das Innendepartement EDI. Denn es gibt Stimmen im Bundeshaus, die glauben, dass SP-Innenminister Alain Berset (45) Lust hat, ein paar Flugmeilen zu sammeln und darum einen Wechsel ins EDA anstrebt. Das arbeitsintensive Feld der Gesundheits-, Sozial-, und Kulturpolitik sei dem vielsprachigen Freiburger ein bisschen zu klein geworden.
Allerdings gibt es drei grosse Aber: Erstens ist (siehe Variante 1) im EDA derzeit kein Blumentopf zu gewinnen – erst recht nicht für einen Linken. Dass Berset dieses Amt übernimmt, kann nicht im Sinn der SP sein.
Zweitens: Vor der schwierigen Abstimmung über die Rentenreform am Sonntag das Departement zu wechseln, könnte wie Fahnenflucht aussehen.
Und drittens: Berset werden Ambitionen nachgesagt, das Finanzdepartement zu übernehmen. Und da Ueli Maurer in zwei Jahren zurücktreten dürfte, müsste er gar nicht mehr so lange warten auf sein Wunschdepartement. Wahrscheinlichkeit: 5 Prozent.
Variante 3: Kleine Rochade mit Sommaruga
Cassis wird Asylminister. Denn auch SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga (57) wird Interesse an der Aussenpolitik nachgesagt. Und ehrlich gesagt: Im schwierigen EU-Dossier steckt sie ohnehin schon bis zum Hals.
Andererseits wird wahrscheinlich im kommenden Jahr mit dem angekündigten Rücktritt von Doris Leuthard (54) das Infrastrukturdepartement Uvek frei – ebenfalls ein linkes Wunschdepartement. Wahrscheinlichkeit: 7 Prozent.
Variante 4: Kleine Rochade mit Parmelin
Cassis muss, wie viele Neulinge, die Armee übernehmen. Das wäre der Fall, wenn die SVP ihre staatspolitische Verantwortung als Initiantin der erfolgreichen Masseneinwanderungs-Initiativen und dem angekündigten Volksbegehren zur Kündigung der Personenfreizügigkeit übernehmen und das EU-Dossier selbst in die Hand nehmen würde. Guy Parmelin (57) würde dann ins EDA wechseln.
Doch Parmelin hat im Verteidigungsdepartement zu viele offene Baustellen und kann eigentlich nicht wechseln. Und dass die SVP ihren Wahlkampfschlager «EU-No» aus den Händen gibt, ist auch nicht anzunehmen. Wahrscheinlichkeit: 3 Prozent.
Dass Cassis Wirtschafts-, Verkehrs- oder Finanzminister wird, ist gänzlich ausgeschlossen: Denn Johann Schneider-Ammann (65), Leuthard und Ueli Maurer (66) werden bald Abschied aus dem Bundesrat nehmen. Dass sie für die letzten Monate noch ein neues Departement übernehmen, kann ausgeschlossen werden.