Darum wird der Tessiner wohl Bundesrat
Cassis hat die richtige Grösse

1 Meter, 71 Zentimeter: Ignazio Cassis hat das Format für den Bundesrat. Und er ist klein genug, um gewählt zu werden.
Publiziert: 18.09.2017 um 11:57 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 00:19 Uhr
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Ignazio Cassis (M.) überflügelt am Mittwoch wohl Isabelle Moret und Pierre Maudet. Grund: Er steht für eine rechtere Politik – und er hat die richtige Grösse.
Foto: Keystone
Joël Widmer
Joël Widmer

Schauspieler Anthony Hopkins, Ex-Rennfahrer Niki Lauda, Hollywood-Star Catherine Zeta-Jones – sie alle haben mit FDP-Bundesratskandidat Ignazio Cassis zwei Gemeinsamkeiten: Sie sind 1 Meter, 71 Zentimeter gross und sie sind erfolgreich. Diese 1,71 Meter sind 2017 wohl auch die perfekte Grösse für die Wahl in den Bundesrat.

Cassis ist zwei Tage vor der Bundesratswahl der haushohe Favorit. Und das hat nicht nur damit zu tun, dass er Tessiner ist. Es hat auch politische Gründe.

Gössi für Cassis

Die FDP-Führung hat sich schon kurz nach dem Rücktritt von Didier Burkhalter auf Cassis festgelegt. Darauf deuten verschiedene Aussagen von Parteichefin Petra Gössi und Gespräche hinter den Kulissen hin. Das Schaulaufen von welschen Kandidaten war natürlich trotzdem erwünscht. Man will ja Auswahl bieten, will medienwirksam die ganze Breite der Partei zeigen.

Dabei war schon im Frühsommer klar: Die FDP-Spitze erhofft sich von Cassis eine kleine bürgerliche Wende im Bundesrat. Er soll besonders in Finanz- und Wirtschaftsfragen für eine solide Vier-zu-drei-Mehrheit sorgen. Eine Mehrheit, die Burkhalter oft einfach nicht interessiert hat.

SVP hofft auf rechtere Politik

Auch die SVP ist auf Cassis-Kurs. In der Fraktion hat offiziell zwar der Anspruch des Tessins den Ausschlag gegeben. Viel wichtiger ist aber: Auch die SVP sieht den Tessiner als Garanten für eine rechtere Politik in der Regierung.

Ein Zufall ist das nicht. Der Tessiner FDP-Stratege Fulvio Pelli wird sich im Juni schnell mal gesagt haben: Der neue FDP-Bundesrat soll Tessiner sein, und zusammen mit der SVP erreicht man das nur, wenn er auch für eine rechtsbürgerliche Politik steht. Darum ein Tessiner Einerticket, darum keine Laura Sadis, darum kein Christian Vitta. Bis jetzt bestätigt die SVP, dass Pellis Plan aufgeht.

Die klare Positionierung der SVP verunsichert aber viele Parlamentarier links der Mitte. Kommt nun politisch die Ära Blocher/Merz zurück in den Bundesrat? Sollte man Cassis deshalb verhindern? Einen Rechtsrutsch wie damals 2003 wird es wohl nicht geben, denn der Tessiner ist ein harmoniebedürftiger Mensch. In der CVP-Spitze ist man denn auch überzeugt, dass Cassis – wenn er mal gewählt ist – durchaus für Deals mit Mitte-links zu haben ist.

Setzt SP auf Moret oder Maudet?

Bleibt von den grossen Parteien die SP. Am liebsten würden die Sozialdemokraten Isabelle Moret wählen – weil die Frauen untervertreten sind. Doch Moret hat beim Rest des Parlaments nach einer schlechten Kampagne einen sehr schwachen Rückhalt.

Also auf Maudet schwenken, der sich mit einer forschen Kampagne als unabhängiger Macher positioniert hat? Möglich. Die SP könnte aber auch mit Cassis leben – zumindest aus wahltaktischen Gründen. Die FDP als stärkste Partei der Romandie hätte erstmals in ihrer Geschichte keinen welschen Bundesrat. Was die SP-Konkurrenz bei den nächsten Wahlen ausschlachten dürfte.

Kein oberehrgeiziger Streber

Viel Politisches spricht also für Ignazio Cassis. Aber auch viel Persönliches. Cassis ist ein umgänglicher Mensch. Sitzt man beim Nachtessen mit ihm am Tisch, bekommt man mindestens einen Witz zu hören. Und wichtiger: Cassis ist von seiner Laufbahn her befähigt für das Amt, aber er ist kein oberehrgeiziger Streber. Er hat das Format, ist aber auch durchschnittlich genug, dass im Bundeshaus niemand vor ihm Angst hat.

Cassis hat mit 1,71 Metern schlicht die richtige Grösse. Er überragt keinen der Kollegen, die ihn wählen sollen. Nicht wie Maudet: Der ist 1 Meter und 85 Zentimeter gross.

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