Dass Heidi Zgraggen (52) in der Wirtschaft- oder Aussenpolitik einen Tick bürgerlicher tickt als ihre Konkurrentin Viola Amherd (56) war der CVP-Fraktion am Freitagnachmittag bekannt.
Doch bei ihrer Präsentation vor den Bundesparlamentariern spielte die Urner Regierungsrätin noch eine weitere Karte. Die Justizdirektorin gab sich bei den Anhörungen in Zimmer 287 des Bundeshauses als Politikerin mit einem ausgeprägten grünen Sensorium.
Die nominierte Bundesratskandiatin gestern zu SonntgsBlick: «Ja, die Umwelt war ein wichtiges Thema.» In ihrem Kanton lebe man seit Generationen mit den Launen der Natur. «Katastrophen wie das Unwetter von 1987 im Urnerland haben mich geprägt. Wir müssen deshalb Sorge zur Natur tragen und versuchen wirtschaftlich und ökologische Interessen in Einklang zu bringen.» Beim grossen Tourismus-Projekt in Andermatt sei dies gut gelungen. So hält auch Investor Samih Sawiris (61) Z’graggen in guter Erinnerung. «Ich habe Frau Z’graggen als kompetente und verhandlungsstarke Vertreterin der Interessen des Kantons Uri kennengelernt», sagt der Unternehmer zu SonntagsBlick.
Grüne Themen, um die Mitte zu gewinnen
Die Betonung ihrer ökologischen Seite könnte für Z’graggen einen entscheidenden Effekt haben. Bei den Wahlen am 5. Dezember erhält die Mitte – und damit auch die Grünliberalen, grosses Gewicht. Dann nämlich, wenn sich die Linke hinter Amherd stellt und starke Kräfte rechts der Mitte für Z’graggen votieren. Dann könnten am Ende eine handvoll Stimmen die Entscheidung bringen. «Es könnte sein, dass der GLP eine wichtige Rolle zukommt bei der Wahl. Da wäre es angezeigt, dass wir möglichst geschlossen sind», sagt GLP-Präsident Jürg Grossen (49, BE). Die Ausgangslage in der Fraktion sei völlig offen: «Sicher ist, dass wir in unseren Hearings genau wissen wollen, wo sich die Kandidatinnen in der Ökologie, der Wirtschaft und in gesellschaftspolitischen Fragen positionieren.»
Beobachter erwarten, dass die Walliser Nationalrätin Amherd eine deutliche Mehrheit von SP und Grünen hinter sich hat. Z’graggen hat als etwas rechtere Anwärterin bei den Rechtsbürgerlichen gute Chancen. Vorausgesetzt, dass Z’graggen FDP und SVP überzeugt, könnte ihr grüner Trumpf stechen – und nur dann. Während bei den Freisinnigen die Ausgangslage offen scheint, zeigt sich die SVP Z’graggen gegenüber wohlgesinnt. Man warte auf Signale in der Ausländer- und Europapolitik, heisst es aus der Partei. Sympathien sind jedenfalls zur genüge Vorhanden.
Von der «Aussenseiterin zur Favoritin»
«So wie ich höre, kommt Frau Z’graggen in der SVP sehr gut an», sagt der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter (55). Er kenne die Urnerin durch ihre Tätigkeit bei der Zentralschweizer Regierungskonferenz. «Sie macht das sehr gut. Das wird ihr auch bei der Wahl im Parlament nützen.» Und Grüter geht noch weiter: Mit ihrer überraschenden Nomination sei Z’graggen von der «Aussenseiterin zur Favoritin» avanciert. Kurz nach der Ausmarchung in der CVP-Fraktion ist klar: Z’graggen wird Amherd gefährlich, die grosse Überraschung plötzlich denkbar. Die nächsten zweieinhalb Wochen werden Bundesbern in Atem halten.
Am 5. Dezember wählt die Vereinigte Bundesversammlung die Nachfolger/innen für die zurückgetretenen Bundesräte Johann Schneider-Ammann und Doris Leuthard. Die Wahl verspricht Spannung pur, denn es geht um das wichtigste Amt der Eidgenossenschaft.
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