Bundesrats-Wahlkampf
Gobbi lobbyiert auf Staatskosten, Aeschi stolpert über sich selbst

Thomas Aeschi verheddert sich, Norman Gobbi mimt bereits den Staatsmann. Und was macht eigentlich Guy Parmelin?
Publiziert: 04.12.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:58 Uhr
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Norman Gobbi: «Ich nutze die Zeit, um mich bekannt zu machen.»
Foto: Keystone
Von Nico Menzato, Christoph Lenz und Joël Widmer

Das Bundeshaus steht im Bann der Bundesratswahlen. Thomas Aeschi (36), Norman Gobbi (38) und Guy Parmelin (56) versuchen alle Gelegenheiten zu nutzen, um Sympathiepunkte zu sammeln. Doch die drei SVP-Kandidaten navigieren mit unterschiedlichem Geschick durch diese Tage. Parmelin und Aeschi haben seit der Nomination vor zwei Wochen an Format eingebüsst statt gewonnen. Gobbi bleibt Aussenseiter.

Am stärksten hat sich der streberhafte Aeschi verheddert. Im BDP-Hearing stimmte der Zuger ein veritables Loblied auf die abtretende BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf an. Die BDP-Parlamentarier trauten ihren Ohren nicht. Schliesslich galt Aeschi bislang als linientreuer SVPler, finanzpolitischer Hardliner und bei Budgetdebatten bissiger Widersacher der Bündnerin.

Aeschi habe Widmer-Schlumpf quasi als die kompetenteste Bundesrätin bezeichnet, erzählt ein Anwesender. Ein anderer sagt, er sei sehr überrascht gewesen, als Aeschi die Finanzpolitik von Widmer-Schlumpf gelobt habe.

Aeschi bestreitet beides. «Ich habe gesagt, dass Frau Widmer-Schlumpf immer akribisch vorbereitet und dossierfest sei und dass sie vergleichsweise viele fachliche Fragen persönlich beantworte.»

Bei der gesellschaftsliberalen GLP gab sich der konservative Aeschi dann betont weltoffen und fortschrittlich. Seine Ex-Freundin sei Argentinierin, antwortete er auf eine Frage, wie in der Wandelhalle erzählt wird. Um dann ungefragt zu betonen, sie arbeite zu hundert Prozent. Die Message: Ich lebe nicht das SVP-Weltbild mit der Schweizer Frau am Herd. Aeschi dazu: «Mir wurde eine überraschend private Frage gestellt, und ich habe offen und ehrlich geantwortet.»

Für Beobachter ist klar: Aeschi verbiegt sich, um bei der Konkurrenz zu punkten. Doch der Schuss geht nach hinten los. Die Anbiederung kostet ihn Respekt und Glaubwürdigkeit.

Derweil hat sein Konkurrent Norman Gobbi der Sonnen­stube den Rücken gekehrt – und weibelt mit südländischem Charme im nasskalten Bern. Dies mit freundlicher Unterstützung durch seine Tessiner Regierungskollegen. Diese gaben ihm kurzerhand Lobbying-Ferien. Gobbi durfte das Amt des Tes­siner Regierungspräsidenten vorübergehend an seinen Stellvertreter übergeben.

Das Justiz- und Polizeidepartement führt er aus dem Nobelhotel Bellevue. Und schüttelt nebenbei in der Wandelhalle Dutzende Hände. «Ich nutze die Zeit, um mich bei den National- und Ständeräten bekannter zu machen», sagt Gobbi.

Eine Charmeoffensive hat der Lega-SVP-Politiker auch dringend nötig. Er ist von den drei SVP-Kandidaten als einziger Nicht-Bundesparlamentarier im Bundeshaus am unbekanntesten. Und hat wohl geringe Wahlchancen.

Dies obwohl Gobbi bei den Hearings mächtig punktete. Staatsmännisch sei sein Auftritt gewesen, loben Mittepolitiker. Sympathisch sei er. Auch umgänglich, sprachgewandt und selbstbewusst. Am meisten Stimmen wird Gobbi wohl von CVP, BDP und GLP erhalten – von seiner SVP, der FDP und den Linksparteien nur vereinzelte.

Favorit Guy Parmelin hingegen machte in den Hearings laut mehreren Quellen eine schlechte Falle. Unter den Erwartungen, etwas lustlos und sehr zurückhaltend seien seine Auftritte gewesen.

Der Waadtländer leistete sich zudem den Fauxpas, Fragen fast nur auf Französisch zu beantworten. Deutsch sprach Parmelin etwa im CVP-Hearing kaum, obwohl er die Sprache einigermassen beherrscht. «Meine Präsentationen habe ich halb in Französisch und halb in Deutsch gehalten», verteidigt er sich. Die Fragen wollte er aber auf Französisch beantworten, «um präzis zu sein». Auch Englisch ist nicht Parmelins Steckenpferd. FDP-Chef Philipp Müller: «Sein Englisch war Französisch.»

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