Über 20 Milliarden Franken stellt der Bund für Corona-Notkredite zur Verfügung. Und stösst damit auf Anklang: Fast 32'000 Kreditanträge wurden bis Sonntag abgeschlossen, für 207'000 Franken im Schnitt. 6,6 Milliarden Franken wurden damit bereits gesprochen.
Die Zahlen zeigen: Unzählige Betriebe sind in der Corona-Krise auf flüssige Mittel angewiesen. Allerdings müssen sie die Kredite in den nächsten fünf bis sieben Jahre zurückzahlen. So sieht es die Verordnung des Bundesrats vor.
Das wiederum schreckt zahlreiche Unternehmer ab, den Hilfskredit überhaupt zu beantragen. Oder sie beantragen ihn mit der Furcht, sich zu überschulden und den Kredit gar nie tilgen zu können. Wie zum Beispiel den Winterthurer Coiffeur Piero Della Vecchia (50), der 30'000 Franken beantragt hat. «Selbst wenn ich irgendwann wieder arbeiten kann, wie soll ich den Kredit an meine Bank zurückzahlen?», sagt er sorgenvoll.
Klare Kriterien für Schuldenerlass
Eine Sorge, die auch GLP-Präsident Jürg Grossen (50) immer wieder zu hören bekommt. Nicht nur von Coiffeuren und Beizern, auch von Bergführern oder Schreinern. «Die vom Bundesrat beschlossenen Überbrückungskredite bewahren viele Unternehmen vor Liquiditätsengpässen, das ist ein erster wichtiger Schritt», so Grossen zu BLICK.
Für Unternehmen mit grossen, unverschuldeten Umsatzeinbussen und Einkommensverlusten werde die Schuldenlast damit aber enorm. «Gerade für KMU wird es oft nicht möglich sein, diese Schulden mit künftigen Einnahmen vollumfänglich abzuzahlen.»
Deshalb müsse ein weiterer Schritt folgen, so Grossen. «Der Bundesrat muss rasch für Klarheit sorgen, unter welchen Bedingungen die Corona-Kredite zu einem späteren Zeitpunkt ganz oder teilweise erlassen werden können.» Es brauche eine Art «Krediterlass-Filter», so der Berner Nationalrat.
Verzögerte Konkurswelle verhindern
«Es geht dabei nicht um eine staatliche Vollkaskoversicherung», betont Grossen, sondern darum zu verhindern, dass besonders betroffene Unternehmen auf riesigen Schuldenbergen sitzen bleiben würden. «Sonst kommt es zeitlich verzögert zu einer Konkurswelle, was dem Ziel der Kreditvergabe diametral zuwiderlaufen würde.»
Die Geldschleuse einfach öffnen will Grossen trotzdem nicht, so müssten Fehlanreize und Missbrauch ebenso verhindert werden. «Wer in den letzten Jahren unangemessen hohe Löhne oder Dividenden ausgeschüttet hat, muss vom Schuldenerlass ausgeschlossen bleiben», so Grossen. Denkbar sind für ihn auch gewissen Lohn- und Vermögenslimiten als Kriterium.
«Und es sollen auch keine Unternehmen am Leben erhalten werden, welche schon vor Corona an der Grenze zum Konkurs standen.» Zudem müssten auch die Unterstützungsbeiträge von Kantonen, Gemeinden und sonstigen Organisationen in der Gesamtrechnung berücksichtigt werden.
Jeden Fall einzeln betrachten
«Um faire Lösungen zu erreichen, braucht es nach der Krise eine Einzelfallbetrachtung für alle Unternehmen, die einen Krediterlass beantragen», so Grossen. «Damit sich die Unternehmen aber darauf einstellen können, müssen die Spielregeln jetzt schon definiert werden.»
Er will sein Anliegen nun in der Wirtschaftskommission einbringen, die im April tagt. «Ich hoffe aber, dass der Bundesrat schon vorher in dieser Frage aktiv wird.»