Wer die USA bereist, erlebt Wunder. Eines – ein kleines – ereignet sich am Dienstagabend im Garten des Schweizer Konsulats in San Francisco.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann (63), nicht bekannt dafür, sein Innenleben in der Öffentlichkeit auszubreiten, blickt im Gespräch mit Journalisten auf die letzten Tage zurück und sagt: «Ich wäre gerne noch einmal 20 Jahre alt. Ich würde hierherkommen, nach San Francisco. Bei Google einsteigen, einen guten Job abliefern, Karriere machen, irgendeinmal den Weg in die Eigenständigkeit suchen – ja, das würde ich gerne tun. Es ist faszinierend hier. Supergut.»
Seit Sonntag ist der Wirtschaftsminister mit einer Delegation von Wissenschaftlern, Unternehmern und Politikern in Übersee. Der grösste Teil dieser Reise ist dem Silicon Valley und der Bucht von San Francisco gewidmet. Yahoo, Google, Facebook, Uber – die grossen technologischen Revolutionen der letzten 20 Jahre haben hier ihren Anfang genommen. Die Region ist der Innovationskraftort der Welt.
Warum das so ist und was die Schweiz unternehmen kann, um ein besseres Klima für Innovation und Start-ups zu schaffen, das will Schneider-Ammann herausfinden.
Das entbehrt natürlich nicht einer komischen Note: Schneider-Ammann, der vor seiner Bundesratszeit vorab grosse, schwere und laute Maschinen produzierte, kommt ins Silicon Valley. Dorthin, wo man das Zeitalter der Hardware vermeintlich hinter sich gelassen hat und nur noch mit Ideen handelt, leicht und flüchtig wie Gas. Der analoge Patron besichtigt die digitale Zukunft?
Schneider-Ammann lächelt. «Vergessen Sie das. Es gibt nicht die neue und die alte Wirtschaft, die neuen und die alten Unternehmen. Es gibt nur erfolgreiche und erfolglose Unternehmen.» Klar, zu welcher Gruppe er sich und seine ehemalige Firma Ammann zählt.
Weshalb sind so viele erfolgreiche Firmen im Silicon Valley entstanden? Und nicht, sagen wir mal, in St. Gallen? Schneider-Ammann hört Dutzende Gründe in diesen zwei Tagen. Da sind die Verfügbarkeit von Risikokapital und die Investitionsbereitschaft, die der Nanotech-Jungunternehmer und Hersteller von intelligenten Fenstern lobt. Da ist die harte Selektion an den Elite-Unis, die der Professor erwähnt. Da ist die Internationalität der Region, verkörpert von den Google-Mitarbeitern.
Bei jedem dieser Argumente, nickt Schneider-Ammann. Er anerkennt ihre Bedeutung. In der Schweiz sieht er den wichtigsten Handlungsbedarf aber anderswo: Bei der unternehmerischen Kultur, gewissermassen der Software der Nation. «Wir brauchen diese Offenheit im Geist», sagt er am Dienstagabend im Garten des Konsulats. «Wir brauchen die hiesige Wertschätzung für das Team. Und die Anerkennung für unternehmerische Leistungen. Es geht um den Spirit!»
Schneider-Ammann hält kurz inne. Er lächelt. «Mein Spirit wurde in diesen zwei Tagen erfrischt. Jetzt geht es darum, den Spirit der Schweiz zu erfrischen.»