In weissen Gewändern und blauen Ballonen machten Pflegerinnen und Pfleger vergangenen November ihrem Unmut Luft. «Wer pflegt mich im Jahr 2030, lieber Bundesrat?», fragten sie mahnend. Der Auslöser für den Protest: Der Bundesrat hatte beschlossen, dass er keinen Gegenvorschlag auf die Pflegeinitiative machen will.
Nun kommt die Gesundheitskommission des Nationalrates (SGK) den Pflegern entgegen und will einen Gegenvorschlag machen. Mit 16 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung hat sie eine Kommissionsinitiative angenommen. Die Kommission möchte insbesondere sicherstellen, dass gut ausgebildete Pflegefachpersonen in eigener Verantwortung spezifische Pflegeleistungen erbringen können und dass diese angemessen abgegolten werden. Stimmt die Schwesterkommission des Ständerates zu, kann die SGK Gesetzesbestimmungen ausarbeiten.
Pflegeberuf soll attraktiver werden
Hinter der Initiative «Für eine starke Pflege» steht der Verband der Pflegefachfrauen und -männer. Er griff zu diesem Mittel, nachdem Bemühungen zur Stärkung des Pflegeberufs im Parlament gescheitert waren. Die Initiative fordert, dass Bund und Kantone die Pflege als wichtigen Bestandteil der Gesundheitsversorgung fördern. Sie sollen für eine ausreichende, allen zugängliche Pflege von hoher Qualität sorgen und sicherstellen, dass genügend Pflegefachpersonen zur Verfügung stehen.
Mit der Initiative soll auch die Attraktivität der Pflegeberufe gesteigert werden. Dazu gehört, dass die Pflegefachpersonen ihre eigenverantwortlich erbrachten Leistungen selbständig mit den Krankenkassen abrechnen dürfen. Weiter soll der Bund dafür sorgen, dass Pflegeleistungen angemessen abgegolten werden.
Keine Sonderstellung in der Verfassung
Der Bundesrat lehnt die Pflegeinitiative ohne Gegenvorschlag ab, weil der bestehende Verfassungsartikel zur medizinischen Grundversorgung genüge, um die Pflege zu stärken. Diesen hatte das Stimmvolk 2014 gutgeheissen, als Gegenvorschlag zu einer anderen Volksinitiative.
Die Pflege sei – obwohl nicht explizit genannt – integraler Bestandteil der medizinischen Grundversorgung, argumentiert der Bundesrat. Eine Sonderstellung in der Verfassung möchte er der Berufsgruppe der Pflegefachpersonen nicht einräumen.
Bundesrat lehnt direkte Abrechnung ab
Inhaltlich lehnt der Bundesrat vor allem die direkte Abrechnung von Pflegeleistungen zulasten der Krankenversicherung ab. Diese würde zu Mehrkosten führen, argumentiert er. Schätzungen des Krankenkassenverbands santésuisse dazu hält der Bundesrat für plausibel.
Demnach würden im Bereich der Pflegeheime pro Jahr Mehrkosten in der Höhe von 30 Millionen Franken entstehen. Für die Spitex rechnet der Verband mit Mehrkosten in der Höhe von 25 bis 110 Millionen Franken. Für den Bundeshaushalt würde dies eine Mehrbelastung bei der individuellen Prämienverbilligung zwischen 4 und 10 Millionen Franken pro Jahr bedeuten. (SDA/mat)