Bundesrat hat freie Hand
Parlament hat bei Migrationspakt nichts zu melden

Der Bundesrat will im Dezember den Uno-Migrationspakt unterzeichnen. Vorstösse aus dem Parlament verlangen aber dessen Mitsprache. Doch zu einem Showdown der beiden Gewalten dürfte es nicht kommen, weiss BLICK.
Publiziert: 31.10.2018 um 09:11 Uhr
|
Aktualisiert: 03.11.2018 um 03:27 Uhr
1/24
SVP-Ständerat Hannes Germann ärgert sich darüber, dass sein Vorstoss zum Migrationspakt viel zu spät traktandiert ist.
Foto: Keystone
Julien Duc und Ruedi Studer

Nach den USA und Ungarn hat mit Österreich heute ein weiterer Staat den Rückzug aus dem Uno-Migrationspakt bekannt gegeben. Und auch in der Schweiz wächst der Widerstand gegen die internationale Vereinbarung. Der Bundesrat möchte die Vereinbarung für «eine geordnete, sichere und reguläre Migration» an der Konferenz vom 10. und 11. Dezember in Marrakesch (Marokko) unterzeichnen (BLICK berichtete).

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats wehrt sich dagegen. Sie verlangt in einer Motion, dass der Bundesrat die Vereinbarung vorerst nicht unterschreibt, sondern erst dem Parlament als Bundesbeschluss vorlegt.

Zwei weitere Motionen aus der SVP – von Nationalrat Thomas Aeschi (39, ZG) und Ständerat Hannes Germann (62, SH) – verlangen sogar den kompletten Übungsabbruch. Die Schweiz solle den Pakt gar nicht erst unterzeichnen. Zumindest aber müsse das Parlament mitreden können, sodass die Möglichkeit eines fakultativen Referendums bestünde.

Anträge werden wohl zu spät behandelt

Die Zeit drängt. Denn will das Parlament die Unterzeichnung sistieren oder selbst absegnen, muss es die eingereichten Anträge in der Wintersession, aber noch vor Unterzeichnung des Pakts in Marokko behandeln.

Doch daraus wird nichts, wie BLICK-Recherchen zeigen. Auf dem provisorischen Sessionsprogramm sind die beiden nationalrätlichen Vorstösse gar nicht traktandiert. «Der Bundesrat hat diese Vorstösse noch nicht beantwortet, deshalb können wir sie auch nicht behandeln», sagt SP-Fraktionschef Roger Nordmann (45, VD) dazu. Er sitzt im Büro des Nationalrats, welches die Traktandenliste zusammenstellt. Nordmann betont zudem: «Der Migrationspakt ist eine bundesrätliche Kompetenz.» 

Im Ständerat wiederum ist Germanns – ebenfalls noch unbeantwortete – Motion zwar auf den 11. Dezember angesetzt. Doch dann ist die Tinte auf dem Migrationspakt schon trocken. «Es bringt nichts, im Nachhinein über die Anträge zu diskutieren. Das wäre unverständlich», ärgert sich Germann. Das bedeute nicht nur eine Schwächung des Parlaments, sondern geradezu «eine Bankrotterklärung gegenüber dem Bundesrat».

Germann hofft nun darauf, dass der Bundesrat von sich aus auf die Unterzeichnung des Paktes verzichtet. «Die Vorbehalte sind in den letzten Wochen deutlich an die Oberfläche gekommen», so Germann. «Wir können den Pakt auch später noch unterzeichnen, es eilt nicht. Erst müssen wir Mehrwert und Risiken in aller Ruhe diskutieren.»

Aussenpolitiker gegen öffentliche Anhörung

Zumindest in der Aussenpolitischen Kommission (APK) des Nationalrats ist nächsten Dienstag eine Diskussion darüber angesetzt. Dann müssen Aussenminister Ignazio Cassis (57) und seine Beamten Red und Antwort stehen, was es mit dem Pakt auf sich hat.

Die APK hätte es sogar in der Hand gehabt, eine öffentliche Anhörung zum Thema anzusetzen. Eine solche hatten die Aargauer SVP-Nationalräte Luzi Stamm (66) und Maximilian Reimann (76) beantragt. 

Doch die Aussenpolitiker lehnten den Antrag grossmehrheitlich ab. Stamm zeigt sich darüber enttäuscht: «Ich bedaure extrem, dass man diese Gelegenheit bei einem derart wichtigen Geschäft nicht nutzt, die vielen offenen Fragen vor laufenden Kameras zu klären.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?