Aufgeschlossen, locker und mit explizit modernem Rollenverständnis – so gibt sich Alain Berset. Nicht nur auf den Selfies vom Bundesratsreisli. Aufgeschlossen zeigt er sich auch beim Schmuck. BLICK hat genau hingeschaut und festgestellt: Mal trägt der Innenminister den Ehering, mal nicht. Das bietet Anlass zu Tuscheleien. Seine Kommunikationschefin Nicole Lamon klärt auf: «An gewissen Tagen trägt Herr Berset seinen Ehering, an anderen nicht.» Das halte er seit Jahren so.
Der Ehering hat Symbolkraft. Seine Botschaft ist einfach: «Mein Träger ist vergeben.» Er schafft klare Verhältnisse und eröffnet gefühlt Chancen, wenn er fehlt. Führen Träger und Ehering eine On-off-Beziehung, gerät diese Ordnung ins Wanken – und der Betrachter kommt ins Grübeln. Gilt für die Ehe hinter dem Ring vielleicht auch das On-off-Prinzip?
Mitnichten! Es gibt ein Dutzend gute Gründe, den Ehering zwischendurch abzulegen: In manchen Berufen kann er behindern, beim Bedienen von Maschinen sogar gefährlich und deshalb verboten sein. Beim Bad im See droht ein Verlust auf Nimmerwiedersehen, manche Leute stört er beim Musizieren oder beim Sport. An jedes Ausziehen ist dann die Gelegenheit des Nicht-mehr-Anziehens gekoppelt. Ein fehlender Ehering ist dann vielleicht schlicht ein Versehen und Zufall.
Zugegeben: Der Verzicht auf einen bisher getragenen Ring kann durchaus tiefer liegende Gründe haben. So kann er etwa das emotionale Lossagen von der Beziehung darstellen, also dass man sich innerlich und äusserlich frei macht für jemand anderen. Aus jedem ungetragenen Ring ein Beziehungsproblem zu machen, ist dagegen Quatsch. Umso mehr, wenn jemand den Ehering regelmässig nicht trägt und dann wieder. Genau so wie es Alain Berset offenbar seit Jahren handhabt.
Die grosse Falle im Eheringrätsel ist, wenn man die eigene Haltung zum Ring ungefiltert auf ein Gegenüber überträgt. Denn das eigene Tabu ist vielleicht der Alltag des anderen – und umgekehrt.
Glücklich verheiratete Gelegenheits-Ringträger gab es wohl schon immer. Die Chancen stehen gut, dass sie zahlreicher werden. Konventionen weichen sich auf, und die Idee, was eine Ehe sein soll und was zu ihr gehört, wird neu diskutiert. Auch in der Revision des Eherechts. Nur logisch, erreicht die Diskussion auch die Ringfinger. Auch, weil Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, ihre Beziehungsqualität nicht an den Verweilort eines Metallbandes knüpfen lassen.
In der Ringfrage sollte man ruhig Blut bewahren. Was zählt, sind die Spielregeln, die sich ein Paar selber setzt.
Die mit der Zuwanderung geschaffene deutsch-schweizerische Ehering-Verwirrung (Deutsche tragen ihn rechts, Schweizer links), hat das Land auch schadlos überlebt.