Es ist ein Entscheid von ganz oben: Heute, um 11 Uhr, wird die höchste Schweizerin – Nationalratspräsidentin Marina Carobbio (52) – die Sitzung der grossen Kammer für 15 Minuten unterbrechen. Damit gibt die SP-Politikerin allen streiklustigen Nationalrätinnen (und ihren männlichen Unterstützern) die Gelegenheit, sich auf dem Bundesplatz kurz mit streikenden Frauen treffen.
Punkt 11.15 Uhr geht es dann weiter mit der Session, die wegen des Pfingstmontags ausnahmsweise auch am Freitag stattfindet und planmässig bis 13 Uhr dauert. Die Ständerätinnen hingegen können ganz frei über ihre Zeit verfügen: Das Stöckli tagt am 14. Juni nicht.
Amherd kann nicht streiken
Die ausserplanmässige Sitzung des Nationalrats hat auch Folgen für die Landesregierung. Denn die Bundesratssitzung, die in den Sessionswochen jeweils am Freitag stattfindet, muss auf den Nachmittag verschoben werden. Am Morgen müssen die sieben Minister ja dem Parlament zur Verfügung stehen.
Wegen dieses dicht gedrängten Terminplans – sie ist am Morgen im Nationalrat und am Nachmittag im Bundesrat – wird CVP-Bundesrätin Viola Amherd (57) nicht am Frauenstreik teilnehmen. Sie unterstütze die Anliegen des Frauenstreiks jedoch.
«Lohn- und Chancengleichheit»
Wichtig für Amherd sei, dass die entsprechenden Massnahmen umgesetzt werden, so ihr Sprecher Lorenz Frischknecht. «An erster Stelle stehen dabei die Realisierung der Lohn- und der Chancengleichheit. Auch für Fragen der sozialen Sicherheit braucht es Lösungen.»
Amherd will dabei im eigenen Departement ansetzen: «Einige Verwaltungseinheiten stehen vor der Herausforderung, den Frauenanteil im Kader zu erhöhen», sagte sie kürzlich zu Bluewin.ch. Der Fokus liege im Moment vor allem in der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben.
Auch Keller-Sutter bestreikt den Frauenstreik
Auch FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter (55) bestreikt den Frauenstreik. «Ich habe mich schon beim ersten Frauenstreik nicht beteiligt und werde es auch jetzt nicht tun», sagte die Justizministerin gegenüber Bluewin.
In der Frauenfrage gebe es unterschiedliche Positionen. «Die Frauen sind dann stark, wenn sie die politische Vielfalt unter sich anerkennen. Zudem braucht es zur Erreichung der Chancengleichheit aus meiner Sicht ein partnerschaftliches Vorgehen von Frauen und Männern.»
Allerdings: Sowohl Amherd als auch Keller-Sutter werden an Veranstaltungen teilnehmen, die bürgerliche Frauen aus CVP, FDP und SVP über den Sommer planen.
Sommaruga beweist Solidarität
Als einzige Bundesrätin lässt es sich Umweltministerin Simonetta Sommaruga (59) nicht entgehen, den streikenden Frauen ihre tatkräftige Unterstützung zu signalisieren. Vor der Bundesratssitzung wird sie eine Schulklasse im Kanton Waadt besuchen, die einen Video-Wettbewerb zum Thema gewonnen hat.