Bundesrätin Sommaruga über die Durchsetzungsinitiative
«Die Initiative bricht mit der Demokratie»

Im Gespräch mit BLICK spricht die Bundesrätin davon, weshalb sie die Demokratie mit dieser Initiative in Gefahr sieht und was sie zur Anschuldigung meint, dass Bundesrat und Parlament ihren Job nicht richtig machen würden.
Publiziert: 23.12.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:54 Uhr
Simonetta Sommaruga: «Das ­Parlament hat das Gesetz zur Ausschaffung massiv verschärft.»
Foto: Reuters
 Interview: Joël Widmer

BLICK: Frau Sommaruga, Sie ­kri­tisieren die Durchsetzungs­initiative scharf. Warum sehen Sie die Demokratie in Gefahr?
Simonetta Sommaruga:
Diese Initiative bricht mit den Grundregeln unserer direkten Demokratie. Seit über 100 Jahren ist es in unserer direkten Demokratie so: Die Bevölkerung entscheidet bei Abstimmungen. Das Parlament macht die Gesetze. Diese Initia­tive will das ändern. Neu soll die Bevölkerung auch noch selber die Gesetze machen. Da wird etwas völlig auf den Kopf gestellt.

Viele Leute sind aber noch immer unzufrieden mit der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative. Wa­rum sollen sie trotzdem darauf ­verzichten, selber die Gesetze zu schreiben?
Die Ausschaffungsinitiative ist umgesetzt, die Gesetze sind verschärft. Wer damit nicht einverstanden ist, hätte das Referendum ergreifen können. Das hat niemand getan, auch die Ini­tianten nicht. Die Initiative umgeht das Parlament und schaltet die Gerichte aus. Auch die Anliegen der Kantone werden nicht berücksichtigt. Diese ­sprechen denn auch von einem Chaos, das die Durchsetzungsinitiative auslösen würde.

Viele BLICK-Leserinnen und -Leser kritisieren in Kommentaren und Leserbriefen aber, der Bundesrat und das Parlament hätten ihren Job nicht gemacht.
Das Parlament hat das Gesetz zur Ausschaffung massiv verschärft. Damit ist erfüllt, was die Bevölkerung mit dem Ja zur Ausschaffungsinitiative gefordert hat. Die Durchsetzungs­initiative wurde lanciert, bevor das Parlament seine Arbeit überhaupt beginnen konnte. Das ist ein Bruch mit unseren Spielregeln.

Sind Sie enttäuscht über das ­dürftige Engagement der Wirtschaftsverbände in diesem Abstimmungskampf?
Die Initiative geht zu weit, weil sie zwei grosse Trümpfe der Schweiz schwächt: Rechts­sicherheit und Stabilität. Beides ist für die Wirtschaft zentral.

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