Auf der Zielgeraden ihrer Amtszeit sieht sich Doris Leuthard plötzlich mit einem gröberen Problem konfrontiert: Nachdem bekannt wurde, dass die Postauto AG jahrelang illegale Gewinne aus eigentlich subventionierten Regional-Verbindungen versteckte, ist das Vertrauen in die Post erschüttert. Auch andere bundesnahe Betriebe wie die Swisscom oder die SBB stehen im Gegenwind. In einem ausführlichen Interview mit der «NZZ» hat sich Doris Leuthard, die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation zum Postauto-Bschiss geäussert.
Die Verkehrsministerin über ...
... geschwundenes Vertrauen in die Post
«Auch ich bin enttäuscht. Dass sich Postauto über Jahre hinweg gesetzeswidrig verhalten hat, kommt unerwartet und erschüttert das Vertrauen. Die Post muss ein Vorbild sein. Eine rasche, lückenlose Aufarbeitung ist nötig, und wir müssen Lehren daraus ziehen»
... Postchefin Susanne Ruoff
«Solange die Sache nicht aufgeklärt ist, gilt gegenüber Susanne Ruoff die Unschuldsvermutung. Wenn die Betrügereien 2007 angefangen haben, wie dies das BAV festgestellt hat, dann war das lange vor Ruoffs Amtsantritt im Herbst 2012. Man muss jetzt klären, was das Management wann wusste oder ob es ein internes Problem des Postauto-Bereichs war. Auch die Rolle der Revisionsgesellschaft gehört kontrolliert.»
... die Tatsache, dass die Bundesanwaltschaft keine Untersuchung einleiten wird
«Eine Strafuntersuchung muss sein. Gemäss Gesetz kann der Bundesrat eine andere Verwaltungseinheit des Bundes mit der Untersuchung betrauen. Diesen Weg prüfen wir derzeit. Das Bundesamt für Verkehr selber kann meines Erachtens, weil es schon die Aufsicht hat, nicht auch noch ein Strafverfahren durchführen.»
... Urs Schwaller, der als VR-Präsident die Post-Untersuchung leitet
«Herr Schwaller war in der Zeit von 2007 bis 2015, die jetzt untersucht wird, nicht im Verwaltungsrat. Für uns stellt sich die Frage nach der Rechnung 2017 der Post, die dem Bundesrat vorgelegt werden muss. Bis klar ist, ob die Revisionsgesellschaft die Rechnung ohne Vorbehalte genehmigt, werden wir die Rechnung nicht genehmigen und auch keine Décharge erteilen. Das könnte darauf hinauslaufen, dass wir die Generalversammlung verschieben müssten.»
... eine Sonderprüfung unter externer Führung
«Wir prüfen als Eigner zurzeit, ob eine Sonderprüfung durchgeführt werden soll. Eine solche könnte im Rahmen der Generalversammlung beantragt werden, um bestimmte Sachverhalte abzuklären. Es kommt auch der Vorwurf von Parteienfilz, weil Urs Schwaller der CVP angehört.»
... ihre eigene Rolle in der Post-Affäre
«Die Verantwortung für die Bundesunternehmen trägt der Bundesrat. Die Geschäfte werden vom Verkehrsdepartement zusammen mit der Finanzverwaltung vorbereitet. Ich gehöre nicht zu denen, die sich in solchen Fällen aus der Verantwortung stehlen.»
... ihren möglichen Rücktritt
«Es hat doch niemand ernsthaft erwartet, dass ich 2019 nochmals antreten werde. Aber die Spekulationen ärgern mich, gerade Behauptungen, ich würde Verwaltungsratspräsidentin der Raiffeisen-Bank. Das ist Blödsinn.» (vof)