Bundesrätin Doris Leuthard tritt zurück
Die Strahlefrau verlässt die Bühne

Monatelang wurde gewerweist, jetzt endlich ist es klar: Auch Doris Leuthard tritt auf Ende Jahr aus dem Bundesrat zurück. Nach einer glanzvollen Karriere.
Publiziert: 27.09.2018 um 10:41 Uhr
|
Aktualisiert: 12.10.2018 um 10:41 Uhr
Das sind die Highlights der CVP-Bundesrätin
4:10
Doris Leuthard tritt zurück:Das sind die Highlights der CVP-Bundesrätin
Lea Hartmann, Pascal Tischhauser

Jetzt strahlt die CVP etwas weniger. Die erst 55-jährige Aargauerin Doris Leuthard tritt ab. Sie war trotz ihrer jungen Jahre das amtsälteste Mitglied des Bundesrats. Schon im Sommer 2006 kam sie in die Regierung – und war über die gesamte Zeit im Bundesrat eines seiner beliebtesten Mitglieder.

Als weitgehend unbekannte Juristin schaffte Leuthard es vor 20 Jahren auf die Kantonsratsliste der CVP Aargau. Für Aussehen sorgte sie im Jahr 1999, als sie sowohl für den Nationalrat als auch für den Ständerat kandidierte.

1/35
Am 14. Juni 2006 wurde Doris Leuthard in den Bundesrat gewählt. Hier gabs Glückwünsche von ihrem Parteikollegen, Ständerat Franz Wicki.
Foto: Keystone

Der damalige Parteisekretär der CVP Aargau, Reto Nause (47) liess tausende von Duschmittel-Beuteln mit ihrem Porträt verteilen. Die Aargauer Zeitung kreierte die Schlagzeile «Duschen mit Doris», die zum inoffiziellen Wahlkampfspruch wurde.

Freihandelsabkommen mit China aufgegleist

Auch als Nationalrätin ging ihr Aufstieg weiter. Ihre grosse Stunde schlug vier Jahre später, am 10. Dezember 2003: Die CVP verlor mit Ruth Metzler (54) ihren zweiten Bundesratssitz und einen Teil ihrer Würde.

Parteipräsident Philipp Stähelin (74) trat ab und überliess seiner Vizepräsidentin Doris Leuthard die Bühne – und diese wusste die Merenschwanderin zu nutzen: In weniger als zwei Jahren hatte sie die Partei wieder zusammengeschmiedet. Als dann CVP-Bundesrat Joseph Deiss (72) im Jahr 2006 zurücktrat, gab es nur eine natürliche Nachfolgerin.

Auf den biederen Professor, folgte die aufgestellte Sonnenkönigin, der alles ein bisschen leichter fiel: Doris Leuthard. Eine Ausnahmepolitikerin, Königin Doris I. von Merenschwand und Super-Doris – an Superlativen mangelte es für die Aargauerin nie.

Erst übernahm sie das Volkswirtschaftsdepartement. Unter Leuthards Vorsteherschaft wurde das Freihandelsabkommen mit China eingefädelt, das ihr Nachfolger Johann Schneider-Ammann (66) dann abschliessen konnte.

Von Moritz Leuenberger (72, SP) übernahm Leuthard Ende 2010 das Umwelt-, Verkehrs-, Energie- und Kommunikationsdepartement (Uvek). Mit dem Gotthardbasistunnel konnte sie sich ein Denkmal setzen.

Atomausstieg eingeleitet

Die einst als Atom-Doris betitelte Energieministerin leitete zusammen mit den anderen Frauen im Bundesrat nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 den schrittweisen Atomausstieg ein.

Mit fortschreitender Amtszeit musste auch Leuthard Niederlagen einstecken. Einerseits wurde die Zweitwohnungsinitiative angenommen, andererseits konnte sie sich mit der Erhöhung des Vignetten-Preises nicht durchsetzen.

Im Interview zum 1. August 2017 kündigte Leuthard an, spätestens Ende 2019 zurückzutreten.

Schon zuvor hatten sich die Stimmen im Parlament gemehrt, Leuthard wirke in einzelnen Sitzungen plötzlich leicht überheblich. So schlug sie auch lange Zeit Warnungen aus der eigenen Partei in den Wind, bei der Postauto-Tochter CarPostal France gehe nicht alles mit rechten Dingen zu und her.

Postauto-Bschiss verzögerte den Rücktritt

Hätte sie damals die ersten Anzeichen ernst genommen, wäre die Postauto-Affäre womöglich früher aufgeflogen. So aber deckte ihr Bundesamt für Verkehr (BAV) die verbotenen Gewinne im subventionierten Personenverkehr erst im Herbst 2017 auf.

Die Post-Spitze wies die Affäre diesen Frühling weit von sich und Leuthard stellte sich demonstrativ vor Post-Chefin Susanne Ruoff (60). Seither mussten beim gelben Riesen zahlreiche Leute ihren Hut nehmen.

Inzwischen ist der Postauto-Bschiss weitgehend aufgearbeitet. Das verwaltungsstrafrechtliche Verfahren läuft. Der heutige Postauto-Chef Thomas Baur (54) hat sich entschuldigt. Die Rückzahlung von 205 Millionen Franken ist aufgegleist.

Wie BLICK berichtet hatte, wollte Leuthard ursprünglich im Frühling gehen. Wegen des Postauto-Skandals musste sie länger bleiben. Mit dem Abschluss der Affäre kann Leuthard nun erhobenen Hauptes gehen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?