So lief der Start von Blick in der Romandie
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Bundesräte Keller-Sutter und Berset im Doppel-Interview
«Guy aus Colombier war mein erster Freund» – «In Deutsch hatte ich oft nicht mal eine 4»

Zum Start des französischsprachigen Blick in der Romandie sprechen Karin Keller-Sutter (57) und Alain Berset (49) im Doppel-Interview über den Röstigraben und die Eigenarten unseres Landes.
Publiziert: 01.06.2021 um 13:30 Uhr
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Aktualisiert: 01.06.2021 um 15:05 Uhr
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Die Ostschweizer Bundesrätin Karin Keller-Sutter (57) und der Westschweizer Bundesrat Alain Berset (49) reden über den Röstigraben.
Foto: Philippe Rossier
Interview: Christian Dorer und Michel Jeanneret

Heute startet Blick.ch/fr, die französischsprachige Version von Blick. Aus diesem Anlass treffen die Chefredaktoren der Blick Gruppe und von Blick Romandie die beiden Bundesräte mit dem engsten Bezug zum anderen Landesteil. Die Ostschweizerin Karin Keller-Sutter besuchte ab 15 die Kantonsschule in Neuenburg – der Freiburger Alain Berset lebte sein Leben lang in einem zweisprachigen Kanton. Wir treffen uns im alten Tramdepot neben dem Bärenpark in Bern.

Frau Bundesrätin, was ist das Schönste, das Sie jenseits des Röstigrabens entdeckt haben?
Karin Keller-Sutter: Unser Land! Wer die Westschweiz und das Tessin nicht kennt, kennt die Schweiz nicht. Zudem ist die Stadt Neuenburg meine zweite Heimat.

Dort haben Sie die Kantonsschule besucht.
Keller-Sutter: Es geht mir immer nahe, wenn ich zurückkehre. Alle diese Erinnerungen! Ich kenne jede Ecke dieser Stadt.

Wie war das damals: Hatten Sie einen Kulturschock?
Keller-Sutter: Mit 15 ist man nicht so schnell schockiert (lacht). In Neuenburg habe ich zum ersten Mal die grosse Freiheit genossen ohne Eltern. Ich besuchte das Lycée Jean-Piaget und wohnte zusammen mit fünf Mädchen bei einer Witwe. Guy aus Colombier war mein erster Freund, ein waschechter Romand! Es waren schwere Zeiten, kurz nach dem Erdölschock und mitten in der Uhrenkrise: Guys Vater – ein Ingenieur – war arbeitslos, die Mutter arbeitete als Sekretärin. Viele Eltern meiner Schulkameraden waren arbeitslos. Das hat mich stark geprägt.

Herr Bundesrat, welche Jugenderinnerungen haben Sie an den anderen Landesteil?
Alain Berset: Ich muss gestehen, dass ich ausserhalb meiner Umgebung vor allem Leichtathletikstadien kannte. Dank des Laufsports kam ich zwar in der ganzen Schweiz herum, aber es reichte selten für einen längeren Augenschein von anderen Orten. Ich sprach lange nicht gut Deutsch, in der Schule war es eines meiner schlechtesten Fächer. Oft hatte ich nicht mal eine 4 …

Wann haben Sie richtig Deutsch gelernt?
Berset: Erst mit 30. Ich verbrachte ein Jahr in Hamburg. Danach stellte ich fest, dass man sich mit Hochdeutsch zwar überall verständigen kann, aber dass dies nicht reicht, um die Vielfalt und Komplexität der Schweiz in ihrer ganzen Tiefe zu ergründen, dass man dazu eben die Dialekte verstehen muss. Sie sind wie ein Schatz, zu dem man als Romand keinen Zugang finden kann.

Zu den Personen

Alain Berset
Der 49-jährige SP-Bundesrat lebt im zweisprachigen Kanton Freiburg, ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Von 2003 bis 2011 vertrat er seinen Kanton im Ständerat, seit 2012 ist er Innenminister. Alain Berset hat an der Universität Neuenburg Politik- und Wirtschaftswissenschaften studiert. In seiner Jugend gehörte zu den besten 800-Meter-Läufern.

Karin Keller-Sutter
Die 57-jährige FDP-Bundesrätin lebt mit ihrem Mann in Wil SG. Vor ihrer Wahl in den Bundesrat 2018 vertrat Keller-Sutter den Kanton St. Gallen als Ständerätin. Zuvor war sie von 2000 bis 2011 St. Galler Regierungsrätin. Die studierte Dolmetscherin spricht perfekt Französisch.

Alain Berset
Der 49-jährige SP-Bundesrat lebt im zweisprachigen Kanton Freiburg, ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Von 2003 bis 2011 vertrat er seinen Kanton im Ständerat, seit 2012 ist er Innenminister. Alain Berset hat an der Universität Neuenburg Politik- und Wirtschaftswissenschaften studiert. In seiner Jugend gehörte zu den besten 800-Meter-Läufern.

Karin Keller-Sutter
Die 57-jährige FDP-Bundesrätin lebt mit ihrem Mann in Wil SG. Vor ihrer Wahl in den Bundesrat 2018 vertrat Keller-Sutter den Kanton St. Gallen als Ständerätin. Zuvor war sie von 2000 bis 2011 St. Galler Regierungsrätin. Die studierte Dolmetscherin spricht perfekt Französisch.

Wo sehen Sie Unterschiede zwischen West- und Deutschschweizer?
Berset: Die Ostschweizer reden sehr direkt ...
Keller-Sutter: Danke, das sehe ich als Kompliment!
Berset: Aber auch innerhalb der Romandie gibt es Unterschiede. Zwar nicht gerade verschiedene Dialekte, aber unterschiedliche Akzente und vor allem unterschiedliche Traditionen. In Freiburg sind der St.-Nikolaus-Tag und die Fasnacht sehr wichtig. In Genf ist es die Escalade. Und natürlich unterschiedliche Mentalitäten. Böse Zungen spötteln etwa, die Fribourger seien Deutschschweizer, die Französisch sprechen.
Keller-Sutter: Alain Berset hat recht: Die Vielfalt wird unterschätzt. Ich musste schon x-fach erklären, dass die Ostschweiz nicht einfach mit der Deutschschweiz gleichzusetzen ist. St. Galler etwa haben ein anderes Selbstverständnis als Berner. Als Regierungsrätin habe ich die Schweiz sehr gut kennengelernt, weil sich Kantonsregierungen traditionsgemäss gegenseitig besuchen.

Deutschschweizer seien konservativ, aber seriös, Romands fortschrittlich, aber laissez-faire. Stimmen diese Klischees?
Berset: Ein Teil mag stimmen, vor allem aber wird damit gespielt. An einer Corona-Pressekonferenz wurden Bundespräsident Guy Parmelin und ich mal gefragt, was wir nach den Öffnungen der Restaurantterrassen machen werden. Ich sagte, dass ich mir ein Bier gönnen werde und Guy Parmelin ein Glas Weisswein (lacht). Dann gibt es auch falsche Klischees, etwa jenes, wonach die Romandie wirtschaftlich zurückgeblieben sei. Das ist komplett falsch: Die Genfersee-Region ist unglaublich stark und innovativ. Gleichzeitig sagt man, die Deutschschweizer seien konservativ. Wenn ich mir die Street Parade anschaue, muss ich widersprechen.

Wer von Ihnen kennt die Ursprünge des Röstigrabens?
Keller-Sutter: Ich habe schon davon gehört …
Berset: … vielleicht ein sprachlicher Ursprung?

Der Ausdruck soll zurückgehen auf den Ersten Weltkrieg, als das Land gespalten war und die einen mit den Franzosen, die anderen mit den Deutschen sympathisierten.
Berset: 1914 gab es ja diese berühmte Rede von Carl Spitteler mit dem Titel «Unser Schweizer Standpunkt». Er sah den nationalen Zusammenhalt gefährdet, weil es eben in Romandie und Deutschschweiz jeweils starke Kräfte gab, die je mit den kriegführenden Mächten Frankreichs beziehungsweise Deutschlands sympathisierten. Darum seine Mahnung, die Miteidgenossen seien «Brüder». Für Spitteler war klar: Wir müssen unsere sprachliche und kulturelle Vielfalt pflegen, ebenso wie die Institutionen, die uns verbinden. Diese Rede ist auch heute noch aktuell.
Keller-Sutter: Im Zweiten Weltkrieg leistete mein Vater Aktivdienst im Jura. Er fand das zuerst gar nicht lustig, weil die Romands die Deutschschweizer despektierlich als «Boche» bezeichneten. Das änderte sich mit der Zeit, man wurde sogar Freunde. Das Lieblingslied meines Vaters wurde gar «Gilberte de Courgenay». Es war damals ein politischer Entscheid, dass die jungen Männer aus der Deutschschweiz die Rekrutenschule in der Westschweiz besuchten und umgekehrt. Das half enorm, um gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Meine Mutter war nach dem Krieg Au-pair in Lausanne. Die offene Haltung meiner Eltern gegenüber der Westschweiz hat auch mich beeinflusst.

Müsste man auch heute Instrumente schaffen, damit mehr Menschen den anderen Landesteil kennenlernen?
Berset: Das ist nicht ganz einfach, weil die jungen Leute möglichst weit weg wollen und nicht in den anderen Landesteil. Wir fördern Sprachaustausche in den Schulen, mit wachsendem Erfolg. Ziel ist, dass der Austausch einen besonderen Platz in den Lehrplänen einnimmt und jeder junge Mensch im Laufe seiner Schulzeit oder Lehre einen Austausch absolviert.
Keller-Sutter: Diesbezüglich hat Corona geholfen. Als ich letzten Sommer durch St. Gallen spazierte, wurde ich plötzlich mit «Bonjour Madame la Conseillère» angesprochen. Viele Welschen verbrachten zum ersten Mal ihre Sommerferien in der Deutschschweiz und die Deutschschweizer in der Romandie und im Tessin.

Es war aber auch viel vom Corona-Graben die Rede.
Keller-Sutter: Das hat schon was. In Genf und im Tessin war das Bewusstsein zu Beginn der Pandemie grösser, weil diese Kantone am stärksten betroffen waren. Interessant fand ich auch, dass in Bern die Masken viel konsequenter getragen wurden als in meiner Heimatstadt Wil.
Berset: Wir haben in der Schweiz die Tendenz, überall Gräben zu suchen. Sicher gibt es ab und an den Röstigraben oder den Stadt-Land-Graben. Aber wenn wir dann im Ausland über die Schweiz sprechen, sind wir stolz auf unsere Vielfalt, unsere vier Sprachen, die 26 Kantone, die vier verschiedenen Parteien in der Regierung. Wir sind eben nicht Italiener, Deutsche oder Franzosen – sondern Schweizer. Die Vielfalt ist bei uns viel grösser, aber das Verbindende ist trotzdem stärker als das Trennende.

Im Ausland ist man stolz, im Inland lästert man übereinander.
Keller-Sutter: Vielleicht. Am Ende ist unser komplexes System eine Bereicherung. Es liefert auch bessere Resultate, weil Entscheide breiter abgestützt sind. Es ist zwar mühsam, über Sprach- und Parteigrenzen hinweg Allianzen zu schmieden. Doch wenn etwas einmal entschieden ist, dann hält es. Bei Mehrheitsregierungen wie zum Beispiel in Deutschland oder Frankreich passieren mehr Fehler, weil Gesetze im Eiltempo durchgebracht werden – und wenn die Regierung wechselt, wird alles wieder geändert. Unser System ist etwas langsam, aber es bewahrt uns vor grösseren Fehlern.

Es ist komplizierter, teurer, umständlicher und ineffizienter!
Keller-Sutter: Im Gegenteil. Ein Ergebnis, das solide getragen wird, ist effizienter. Diese Stabilität ist vielleicht langweilig, aber sie hat etwas Gutes.
Berset: Ein Beispiel aus Deutschland: Als ich mich 2012 mit meiner Amtskollegin getroffen habe, hat sie mir erklärt, dass bei ihnen die Reform der Altersvorsorge ein halbes Jahr dauert. Ein Jahr später hat sie mir dann berichtet, dass ihre Reform doch nicht so funktioniere wie erhofft und sie sie überarbeiten müsse. Bei uns dauert dasselbe sechs Jahre, aber das Ergebnis ist solider, wenn – oder im Fall der Altersreform sollte ich wohl sagen: falls – es den ganzen demokratischen Prozess inklusive Volksabstimmung übersteht.

Trotz aller Allianzen über den Röstigraben hinweg: Eine Mehrheit der Deutschschweiz denkt doch, die Romandie sei unbedeutend, nicht?
Keller-Sutter: Nein, die Romandie ist wirtschaftlich sehr dynamisch und innovativ. Und man darf nicht vergessen, der Kanton Genf ist Nettozahler beim nationalen Finanzausgleich. Als Bundesratskandidatin wurde ich im Hearing gefragt, ob ein Bundesrat Französisch sprechen müsse. Mein Antwort war klar: Ja! Heute wäre ich völlig verloren, wenn ich kein Französisch sprechen würde. Oft erhalte ich Dokumente, die in einem Mix aus Deutsch und Französisch verfasst sind.

Wir könnten ja alle Englisch miteinander reden.
Berset: Solche Vorstellungen sind sehr beunruhigend. Wir müssen in unsere Sprachen und deren Verständnis investieren. Die Sprache ist nicht nur ein Türöffner für die Kommunikation, sondern auch für unsere reichhaltigen Kulturen. Englisch sprechen zwar alle, aber die Sprache hat nichts mit den Schweizer Kulturen zu tun.

Viele Kantone lehren an ihren Schulen inzwischen zuerst Englisch. Ist der Kampf um die Landessprachen nicht längst verloren?
Berset: Es ist falsch, Italienisch oder Französisch gegen Englisch auszuspielen. Aber Englisch als unsere Sprache, um sich innerhalb der Schweiz auszutauschen: bitte nicht!
Keller-Sutter: Ich hatte mich als Ständerätin immer fürs Französische stark gemacht. Der Kompromiss bestand dann darin, dass das abgeschlossene Sprachniveau entscheidend ist und nicht der Beginn. Die Sprache ist nicht einfach ein Instrument. Es ist vielmehr eine Art zu denken und zu leben. Es genügt nicht, in Genf ein Billett auf Französisch zu lösen. Wir müssen verstehen, wie die Westschweiz denkt. Darum sind Schüleraustausche und die Ausbildung so wichtig. Mein Mann etwa hat in Freiburg studiert, einen Teil auf Französisch. Er war allerdings nicht so begeistert (lacht).

Wie wäre es, wenn es zwei separate Länder gäbe – eine Deutschschweiz und eine Westschweiz?
Keller-Sutter: 1848 wäre es beinahe so gekommen. Doch die Schweiz hat das Momentum realisiert und sich über Sprach- und Konfessionsgrenzen hinweg zusammengerauft und in nur 31 Sitzungstagen eine eigene Verfassung geschaffen. Wäre diese liberale Revolution in der Schweiz damals gescheitert, wären die Deutschschweizer heute wohl Deutsche und die Romands Franzosen.

Nach dem Nein zum Rahmenabkommen ist Europa wieder aktuell. Wie sind hier die Unterschiede?
Berset: Bei früheren Abstimmungen teilweise frappant. Neuenburg etwa hat damals den EWR-Beitritt mit 80 Prozent angenommen, gewisse Deutschschweizer Kantone mit über 70 Prozent abgelehnt. Und jetzt sind die Reaktionen auch recht verschieden.
Keller-Sutter: Die Kommentare in der Westschweiz waren etwas betrübter als in der Deutschschweiz. Gleichzeitig habe ich den Eindruck: In der gesamten Bevölkerung und in jedem Landesteil gibt es heute eine gewisse Grundskepsis gegenüber der EU.

Haben sich die Romands den Deutschschweizern angepasst?
Keller-Sutter: Die Skepsis gegenüber der EU ist in der Deutschschweiz und im Tessin auch heute noch etwas ausgeprägter. Aber man ist heute generell kritischer gegenüber internationalen Institutionen. Der Nationalstaat hat wieder an Bedeutung gewonnen, nicht nur in der Schweiz.
Berset: Das hat mit der Entwicklung nach dem Kalten Krieg zu tun: Es gibt heute nicht mehr einfach zwei Machtblöcke und wenige neutrale Länder. Die Welt ist komplexer geworden, China und Indien sind dazu gekommen. Da zieht man sich auf sein eigenes Land zurück – und gleichzeitig sind wir viel weltoffener als noch vor dreissig Jahren. Das ist schon interessant.

Wie erleben Sie den Mentalitätsunterschied im Bundesrat mit vier Deutschschweizern, zwei Romands und einem Tessiner?
Berset: Es ist mehr eine Frage der Persönlichkeiten als der Herkunft. Ein Bundesrat ist in allen Landesteilen stark integriert. Was mich immer wieder beeindruckt: Wie wir, ungeachtet der Sprache, direkt und effizient diskutieren. Ich habe mir übrigens angewöhnt, auf Deutsch zu wechseln, wenn ich zu emotional werde (lacht). Dann bin ich viel strukturierter.

Und Sie, Frau Keller-Sutter, reden Sie Französisch, wenn es heiss wird?
Keller-Sutter: Ich wechsle dann die Sprache, wenn ich sicher sein will, dass die anderen mich verstehen (lacht).

Wie kann die Schweiz den inneren Zusammenhalt stärken?
Berset: Es braucht auch integrative, nationale Figuren wie zum Beispiel Roger Federer. Vor allem aber müssen wir die Institutionen stärken und pflegen.
Keller-Sutter: Genau. Das Schlechtreden der Institutionen macht mir grosse Sorgen. Auseinandersetzung ist gut, aber bitte mit Anstand und Respekt. Wenn ein Bundesrat als Diktator, eine Bundesrätin als Lügnerin oder die Demokratie als gekauft bezeichnet wird, dann beschädigt das unser System. Da muss man schon dagegenhalten.
Berset: Wir spüren derzeit, dass uns die persönlichen Begegnungen fehlen, im Restaurant, auf dem Dorfplatz, an einem eidgenössischen Fest. Davon lebt die Schweiz, und ich wünsche mir, dass das sehr rasch wieder so ist. Eine wichtige Rolle spielen auch die Medien: Sie tragen zur Meinungsbildung und somit zum Funktionieren der direkten Demokratie bei. In der Romandie haben wir im Vergleich zur Deutschschweiz weniger Medien …

… das ändern wir mit dem Blick für die Romandie gerade.
Berset: Und Social Media bringen die Debatte wenig voran, weil viele sich dort nur noch innerhalb ihrer Bubble bewegen und sich gegenseitig Recht geben.
Keller-Sutter: Das ist ein wichtiger Gedanke von Alain Berset: Die direkte Demokratie lebt davon, dass die Regierungen fassbar sind. Ich merkte das besonders bei den Abstimmungen in Zeiten von Corona. Die persönliche Begegnung fehlt einfach. Unser System wäre nicht haltbar, wenn wir diesen Austausch mit der Bevölkerung auf Dauer nicht hätten. Wir müssen die Menschen spüren und sie müssen uns spüren!

Was kann jeder und jede Einzelne tun, um den inneren Zusammenhalt zu stärken?
Keller-Sutter: Man darf nicht zu romantische Vorstellungen haben. Im Alltag ist es mehr ein Nebeneinander als ein Miteinander. Ein Genfer fragt sich nicht, wie es wäre, heute in Uri zu sein. Aber wir sollten Sorge tragen zu dem, was uns verbindet: unsere Institutionen und die direkte Demokratie.
Berset: Ja! Und sich füreinander interessierten. Mein Empfehlung: Reisen Sie einmal pro Jahr spontan in einen Kanton, in dem Sie noch nie waren. Es wird sich lohnen!

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