Bundespräsident Ueli Maurer (68) kämpft mit Verve für den AHV-Steuer-Deal. Im BLICK-Talk machte er sich auch vehement für die AHV-Zusatzfinanzierung stark. «Ohne die zwei Milliarden ist die AHV 2030 pleite. Mit dem Geld 2035», warnte Maurer.
Drastische Worte. Doch kann die AHV überhaupt pleitegehen? Die Antwort ist schlicht: Sie darf nicht! «Bundesrat und Parlament haben die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die AHV ihre Aufgabe dauerhaft erfüllen kann», erklärt Sabrina Gasser vom Bundesamt für Sozialversicherungen mit Verweis auf die Bundesverfassung. «Dazu müssen sie auf Gesetzes- und Verordnungsstufe die notwendigen Massnahmen ergreifen, um die Finanzierung sicherzustellen.»
BSV: «Eine Pleite wäre nicht zulässig»
Das AHV-Gesetz hält zudem fest, dass für Rentner grundsätzlich ein AHV-Anspruch gilt – die Renten müssen also bezahlt werden. Der Bundesrat muss deshalb das finanzielle Gleichgewicht der AHV-Kasse im Auge behalten. Dabei gilt, dass der AHV-Ausgleichsfonds in der Regel nicht unter den Betrag einer Jahresausgabe fallen darf.
Dieser Puffer solle es erlauben, schlechte konjunkturelle Phasen zu überbrücken und der Politik genügend Zeit für die notwendigen Anpassungen zu geben, um das finanzielle Gleichgewicht sicherzustellen, so Gasser. «Eine Pleite wäre somit nicht zulässig – Bundesrat und Parlament müssen präventiv rechtzeitig so handeln, dass diese Situation gar nicht eintreten kann.»
Letztes Jahr ist der Fondsstand aber unter eine Jahresausgabe gefallen – mit rund 2,2 Milliarden Franken. Handeln ist also angesagt – und die Politik hat reagiert: Einerseits mit der jetzigen AHV-Zusatzfinanzierung. Andererseits wird Bundesrat Alain Berset (47) bereits im Sommer seine neue AHV-Reform vorlegen.
Notfalls mit Notrecht
Doch was, wenn auch diese Lösungen im Parlament blockiert oder in einer Volksabstimmung durchfallen würden? «Dann nimmt der Bundesrat einen neuen Anlauf», so Gasser. Sollte aber über längere Zeit tatsächlich keine Reform gelingen, «müsste irgendwann schon Notrecht eingesetzt werden».
Was das genau bedeuten würde, ist offen. Theoretisch könnte der Bund Geld in die AHV einschiessen – womit sich diese einfach verschulden würde. Vielleicht würde er auch die Mehrwertsteuer oder das Rentenalter erhöhen. Oder gar die Renten kürzen. Mit Notrecht wäre für Zündstoff gesorgt.
Handlungsbedarf ist unbestritten
Zum Äussersten wird es aber kaum kommen, da sind sich die politischen Akteure einig. «Niemand hat ein Interesse daran, die AHV zu grounden», sagt Martin Kaiser vom Arbeitgeberverband. Und Gewerkschaftsökonom Daniel Lampart macht klar: «Ein Ja zur AHV-Steuer-Vorlage stabilisiert die AHV für die kommenden Jahre. Danach braucht sie wieder etwas Geld.»
Wie die AHV langfristig ins Gleichgewicht gebracht werden soll, daran scheiden sich allerdings die Geister. Die Bürgerlichen setzen in erster Linie auf höheres Rentenalter für alle – mit einem Automatismus.
Die Linke hingegen will mehr Geld in die AHV einschiessen – zum Beispiel über weitere Lohnprozente. Lampart: «Mit einem zusätzlichen Lohnprozent alle zehn Jahre lässt sich die AHV finanzieren, dafür muss man die Leute nicht mit Rentenalter 67 plagen.»