Bundesanwalt tritt zurück
Die Affäre Lauber in der Übersicht

Bundesanwalt Michael Lauber nimmt den Hut. Das sind die wichtigsten Etappen der monatelangen Affäre.
Publiziert: 20.05.2020 um 15:20 Uhr
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Aktualisiert: 30.07.2020 um 08:49 Uhr
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Der Bundesanwalt Michael Lauber muss sich am 20. Mai 2020 vor einer Gerichtskommission verantworten.
Foto: Keystone
  • Anfang Mai 2018: Football Leaks des portugiesischen Hackers Rui Pinto macht unter anderem publik, dass sich Bundesanwalt Michael Lauber und Fifa-Chef Gianni Infantino zwei Mal getroffen haben - zu einem Zeitpunkt, als die Bundesanwaltschaft mehrere Verfahren gegen die Fifa laufen hatte.

  • 21. November 2018: Lauber verteidigt seine zwei unprotokollierten Treffen mit Infantino im Jahr 2016. Die Gespräche auf übergeordneter Ebene seien erforderlich gewesen, um Fragen zum Verfahrenskomplex Fussball zu klären.

  • 18. April 2019: Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) prüft, ob gegen Lauber wegen einem möglichen dritten Treffen mit Infantino eine Disziplinaruntersuchung nötig ist. Das Treffen soll im Juni 2017 stattgefunden haben.

  • 29. April: Lauber will auch im Falle eines Disziplinarverfahrens gegen ihn seine Wiederkandidatur nicht zurückziehen. Dass er ein drittes Treffen mit Infantino verschwiegen haben soll, weist er von sich. «Wir gehen davon aus - aufgrund von internen Papieren, die wir gesichtet haben, wie Agendaeinträge und SMS -, dass es das gegeben hat», sagt Lauber. «Ich erinnere mich aber nicht an das Treffen.» Als Erklärung fügte er an, dass solche Treffen für ihn «courant normal» seien.

  • 11. Mai: Die AB-BA gibt bekannt, dass sie eine Disziplinaruntersuchung gegen Lauber eröffnet. Grund dafür sind nicht protokollierte Treffen Laubers mit Gianni Infantino, dem Präsidenten des Fussballverbands Fifa, der in mehrere Verfahren verwickelt ist. Es kam zu zwei Begegnungen im März und April 2016 und zu einer im Juni 2017. Besonders heikel war das zweite Treffen vom 22. April 2016. Gute zwei Wochen vorher hatte die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren wegen verdächtiger TV-Verträge beim europäischen Fussballverband Uefa eröffnet.

  • 15. Mai: Die Wiederwahl Laubers wird auf Herbst verschoben. Die Gerichtskommission der Vereinigten Bundesversammlung hat einstimmig beschlossen, noch keinen Antrag zur Wiederwahl zu stellen.
  • 18. Juni: Die Treffen von Lauber und Infantino widersprechen den Verfahrensregeln, wonach solche Meetings zumindest mit Aktennotizen dokumentiert werden müssen. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona entscheidet deshalb, dass Lauber bei den Untersuchungen im Fussball-Verfahrenskomplex in den Ausstand treten muss.

  • 2. August: Die AB-BA übernimmt die Leitung der Disziplinaruntersuchung im Fall Lauber.

  • 24. August: Lauber geniesst weiter das Vertrauen der Polizei- und Justizdirektoren in den Kantonen. Die Kooperation mit Lauber sei vertrauensvoll und ergiebig, sagt der oberste Justizdirektor Urs Hofmann in einem Interview.

  • 4. September: Die Gerichtskommission empfiehlt dem Parlament, Lauber nicht für eine weitere Amtsperiode zu wählen.

  • 13. September: Die AB-BA richtet im Zusammenhang mit ihrem Disziplinarverfahren gegen den Bundesanwalt Vorwürfe an Michael Lauber. Dieser habe zwei Personen daran gehindert, an Befragungen teilzunehmen, und die Bundesanwaltschaft gebe angeforderte Dokumente nicht heraus.

  • 25. September: Bundesanwalt Michael Lauber wird knapp wiedergewählt - mit 129 von 243 gültigen Stimmen. Das absolute Mehr lag bei 122 Stimmen.

  • 4. März 2020: Das Disziplinarverfahren gegen Bundesanwalt Michael Lauber ist abgeschlossen. Gemäss der Aufsichtsbehörde (AB-BA) hat er verschiedene Amtspflichten verletzt. Er habe in den Verfahren rund um den Weltfussballverband Fifa mehrfach die Unwahrheit gesagt und illoyal gehandelt. Kritisiert wird auch das Verhalten Laubers: Der Bundesanwalt falle durch Uneinsichtigkeit auf und zeige im Kern ein falsches Berufsverständnis. Die AB-BA verfügt eine Lohnkürzung um acht Prozent während eines Jahres, was den Lohn von Lauber um knapp 24'000 Franken schmälern wird.

  • 21. April 2020: Das Bundesstrafgericht sistiert nach einer fast fünf Jahre dauernden Untersuchung durch die Bundesanwaltschaft das erste Fifa-Verfahren gegen die ehemaligen deutschen Fussballfunktionäre Theo Zwanziger, Horst R. Schmidt und Wolfang Niersbach sowie den früheren Fifa-Generalsekretär Urs Linsi bis am 27. April. Weil die in der Anklage festgehaltenen Straftaten dann verjähren, ist kein Urteil mehr zu erwarten. Die BA hatte Zwanziger, Schmidt und Linsi wegen wegen Betrugs angeklagt. Niersbach wurde Gehilfenschaft zu Betrug vorgeworfen. Aufgrund des Ausgangs des Verfahrens haben die Angeklagten ausserdem Anspruch auf eine Entschädigung

  • 22. April 2020: Lauber reicht beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde gegen den Entscheid der AB-BA ein. Dieser stelle keinen abschliessenden Befund dar und müsse einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Er bestreitet die gegen ihn erhobenen «Behauptungen und Wertungen» vollumfänglich und bezeichnete einzelne Aussagen der Aufsicht als falsch und als «eine reine Unterstellung».

  • 28. April 2020: Der Berner BDP-Politiker Hess reicht bei der Gerichtskommission einen Antrag für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bundesanwalt Lauber ein. Auch der Berner SP-Nationalrat Matthias Aebischer gibt bekannt, dass er ein Amtsenthebungsverfahren beantragen werde.

  • 2. Mai 2020: Für die Bundeshausfraktionen von SP und CVP ist Lauber angesichts der Kritik durch die Aufsicht in seinem Amt nicht mehr tragbar. Die Fraktionen fordern Lauber deshalb offen zum Rücktritt auf.

  • 13. Mai 2020: Die 17-köpfige Gerichtskommission des Parlaments befasst sich mit einem allfälligen Amtsenthebungsverfahren gegen den seit 2012 tätigen Bundesanwalt.

  • 16. Mai 2020: Lauber greift die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft frontal an. In einer 70-seitigen Beschwerde lanciert Lauber nach unbestätigten Medienberichten heftige Vorwürfe gegen die Aufsicht. Die Aufsichtsbehörde (AB-BA) habe «rechtsstaatliche Grundsätze über Bord geworfen», zudem sei ihm namentlich das rechtliche Gehör in krasser Weise verweigert worden.

  • 20. Mai 2020: Die Gerichtskommission des Parlaments hört Lauber an und informiert anschliessend an einem Point de Presse.
  • 24. Juli 2020: Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass Lauber seine Amts- und Treuepflichten mehrfach schwer verletzt hat.
  • 24. Juli 2020: Michael Lauber bietet der Gerichtskommission seinen Rücktritt an. (SDA/sf)
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