«Es gibt keine gute Lauber-Lösung mehr», sagt ein Parlamentarier, mit dem BLICK über die Wiederwahl von Bundesanwalt Michael Lauber (53) sprach. Zwar habe er keinen unverzeihlichen Fehler begangen, aber sich dennoch untragbar gemacht.
Dass Lauber seine Treffen mit Fifa-Chef Gianni Infantino (49) nicht protokollierte, sei falsch gewesen. Dass er ein Treffen vergass, unschön. Mehr nicht. Dass er aber gegen die eigene Aufsicht vor Gericht zog und mit Lorenz Erni ausgerechnet den Anwalt des Ex-Fifa-Chefs, Sepp Blatter (83), engagierte, gehe zu weit. «Lauber ist nicht mehr wählbar.»
Aber, schränkt der Parlamentarier ein, bei einer Abwahl wäre Lauber nach Valentin Rorschacher (59) und Erwin Beyeler (67) der dritte Bundesanwalt mit unrühmlichem Abgang. Wenn man der Bundesanwaltschaft (BA) als Institution nicht schaden wolle, müsste man ihn im Amt behalten. Gleichzeitig schade man der BA so auch. «Denn man hat einen obersten Ankläger, dem die Öffentlichkeit nicht mehr traut.»
Zwei SPler gegen Abwahlempfehlung
Mit Namen hinstehen will derjenige, der dieses Dilemma schildert, nicht. Ähnlich tönt es bei einem wichtigen Vertreter einer grossen Partei. Auch dieser gibt zu bedenken, dass das Ansehen der Schweizer Justiz an Lauber hängt.
Namentlich zu Wort gemeldet haben sich aber zwei SPler: Einerseits Claude Janiak (70), der Lauber in den Tamedia-Zeitungen verteidigt. Andererseits SP-Nationalrat Matthias Aebischer (51). Gegenüber Radio SRF vertrat dieser die Meinung, es gebe kaum Spielraum für die Gerichtskommission. Um ihn nicht zur Wiederwahl zu empfehlen, müsse klar sein, «dass Herr Lauber die Amtspflichten vorsätzlich oder grobfahrlässig schwer verletzt hat», so Aebischer. Und das sei nicht möglich. Dennoch hat die SP keine Pro-Lauber-Haltung beschlossen, wie BLICK-Recherchen zeigen.
Hess widerspricht Aebischer
BDP-Vizepräsident Lorenz Hess (58) macht gegenüber BLICK klar, dass auch nicht die ganze Gerichtskommission denkt wie Aebischer: «Diese Vorschriften haben wir uns selbst gegeben. Sie sind geprägt von der Zeit, als noch der Bundesrat und nicht das Parlament den Bundesanwalt bestimmte. Es muss möglich sein, die Nichtwiederwahl zu empfehlen.» Wenn vorsätzliche oder grob fahrlässige Amtspflichtverletzung das einzige Kriterium sei, bräuchte es die Kommission gar nicht. Das müsste ja ein Gericht entscheiden.
Für Hess hat das Ansehen der BA ohnehin gelitten. Wenn die Gerichtskommission sich zu einer Empfehlung für Lauber genötigt sehe, aber wisse, dass dessen Wahlchancen gering seien, sei auch niemandem gedient. Gedankenspielen, Lauber vorerst im Amt zu lassen und ihn je nach Verlauf der Fifa-Verfahren abzuberufen, erteilt Hess ebenfalls eine Absage: «Wir müssen nun endlich einen Schlussstrich ziehen.»
Fehlkonstruktion Bundesanwaltschaft
Es nütze auch nichts zu versuchen, Diskussionen darüber abzuwürgen, ob das Amt des Bundesanwalts in der heutigen Form eine Fehlkonstruktion sei oder nicht. «Die Diskussionen darüber sind schon in vollem Gang.» Zwangsläufig frage man sich, «ob es eine zentrale Bundesstelle braucht oder ob die kantonalen Staatsanwaltschaften mit Fällen von Wirtschaftskriminalität, organisierter Kriminalität und Terrorismus nicht besser umgehen könnten», so Hess.
Vor dem Sommer hatte sich die Gerichtskommission gescheut, eine Empfehlung zu Lauber abzugeben. Man brauche mehr Informationen. Mehr Infos hat die Kommission inzwischen zwar nicht, dennoch will sie am 28. August über den Bundesanwalt entscheiden.