Seit Wochen steht Bundesanwalt Michael Lauber (53) unter Druck – im Fokus stehen Treffen mit Gianni Infantino (47). Sicher zwei Mal hat er den Fifa-Boss im Rahmen der Fussball-Strafverfahren getroffen – ohne diese zu protokollieren, wie es das Gesetz vorschreibt. Zudem soll ein drittes Treffen stattgefunden haben – zu diesem sich Lauber nicht äusserte. Bis jetzt. «Ich gehe davon aus, dass es das Treffen gab», sagte Lauber in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF.
Aufgrund von Agendaeinträgen und SMS, die die Bundesanwaltschaft (BA) gesichtet habe, habe das Treffen wohl stattgefunden. Allerdings: «Ich erinnere mich nicht an ein drittes Treffen», so Lauber.
«Courant normal»
Es gehe ihm nicht darum, irgendetwas zu verschweigen, rechtfertigte Lauber sich. «Behauptungen, ich würde lügen, weise ich in aller Form zurück», so der angeschossene höchste Strafverfolger der Schweiz.
Und er fragt: «Was hätte ich denn für eine Motivation, etwas zu verstecken?» Weder Infantino noch die Fifa seien in einem der Verfahren beschuldigt. Bei den Treffen sei es immer darum gegangen, die Aufbereitung der 90 Millionen Dokumente, die die BA im Rahmen des Fifa-Komplexes durchleuchtet, zu regeln.
«Das ist courant normal», so Lauber. Der durchblicken liess, dass die Zusammenarbeit mit der Fifa, die in den Verfahren als Geschädigte und Privatklägerin auftritt, nicht einfach ist: Es komme immer wieder zu «Verzögerungstaktiken», und irgendwann sei das intern eskaliert, worauf er sich persönlich mit Infantino getroffen haben, um die Verfahren zu unterstützen.
Im Sommer fallen erste Entscheide
Allerdings: Lauber droht wegen der Treffen eine Disziplinaruntersuchung. Hanspeter Uster (61), Chefaufseher über die BA, hat Lauber wegen seiner Vorgehensweise harsch gerüffelt. Es bestehe die Gefahr, dass wegen solcher Patzer ganze Verfahren «abzuverrecken» drohten, weil die Gegenseite die Ermittlungen anzweifeln könne.
Lauber bezeichnet das als «normales juristisches Risiko», dem sich die Strafverfolger immer wieder aussetzen würden. «Aufgabe einer Staatsanwaltschaft ist nicht, nur solche Verfahren zu führen, bei denen wir Erfolg haben werden.»
Wie es mit den Fifa-Verfahren weitergeht, will Lauber bald entscheiden. «Wir werden bei ersten Verfahren im Sommer entscheiden, ob wie Anklage erheben oder einstellen», stellt er in Aussicht.
Darum sind solche Treffen heikel
Dass solche inoffiziellen Treffen zum Rohrkrepierer werden können, hat sich eben erst gezeigt: im Fall Karimowa, einem der grössten Geldwäscherei-Skandale auf dem Tisch der BA. Vermögenswerte von mehr als 800 Millionen Franken sind eingefroren.
Gegen sechs usbekische Staatsangehörige, die unter der Regie von Präsidententochter Gulnara Karimowa (46) Geld über Schweizer Banken gewaschen haben sollen, wird ermittelt. Kürzlich erklärte das Bundesstrafgericht den Verfahrensleiter der BA wegen eines informellen Treffens für befangen.
Lauber will dennoch eine weitere Amtszeit
Unter solchen Fehlern könne gar die Reputation der Schweizer Strafverfolgungbehörden im In- und Ausland leiden, so Uster diese Woche. Weiter gibt es massive Kritik an Laubers Führungsstil und an den langen Verfahrensdauern – mehrere Verfahren drohen deswegen zu verjähren (BLICK berichtete).
Trotz der Kritik hält der Bundesanwalt an seiner Kandidatur fest – selbst wenn es eine Disziplinaruntersuchung gegen ihn geben sollte: «Das ist völlig unabhängig voneinander», sagt er. Die Wahl in der Sommersession sei Sache des Parlaments, «Ich meine, ich bin Teil der Lösung. Sobald ich das Gefühl habe, ich sei Teil des Problems, bin ich der Erste, der weg ist.»