Wer über 50 ist, hat es auf dem Arbeitsmarkt schwer. Viele ältere Arbeitnehmer fürchten, vor der Rente entlassen zu werden. Und jene, denen gekündigt wurde, haben grösste Mühe, wieder eine Stelle zu finden.
SP-Nationalrat Corrado Pardini (52) wollte daher den Kündigungsschutz verbessern: Wer älter als 50 Jahre alt ist und mindestens zehn Jahre in einem Unternehmen arbeitet, soll nicht so einfach auf die Strasse gestellt werden können. Stattdessen müsste der Arbeitgeber die Kündigung begründen, forderte der Berner Gewerkschafter.
Keine Chance bei den Bürgerlichen
Doch sein Vorstoss wurde am Freitag in der Rechtskommission des Nationalrats abgelehnt. Mit 18 zu 7 Stimmen: Nur SP und Grüne unterstützten das Anliegen. Obwohl Nationalräte aus fast allen Fraktionen den Vorstoss vor 14 Monaten unterschrieben hatten.
«Einmal mehr zeigt sich, dass die Bürgerlichen nicht daran interessiert sind, das Problem zu lösen», sagt Pardini zu BLICK. Manche wie die SVP wollten das Thema lieber bewirtschaften, CVP und FDP würden das Problem nicht einmal anerkennen. «Dabei schleckt es keine Geiss weg: Altersdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt existiert und ist in der Schweiz ein Fakt.»
Drei von vier Befragten haben Angst vor Diskriminierung
Der Generation 50+ ist das nur zu bewusst. Das zeigt eine Umfrage der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) und des Beratungsunternehmens Tamandua unter über 500 Arbeitnehmern zwischen 50 und 65 Jahren in der Deutsch- und der Westschweiz.
Demnach fürchten drei von vier Befragten, bei der Stellensuche wegen ihres Alters diskriminiert zu werden. Nicht einmal 30 Prozent glauben, dass sie nochmals eine so gute Stelle finden würden wie die, die sie derzeit haben. Und jeder Vierte hat Angst, diese Stelle vor der Rente zu verlieren.
400'000 werden fehlen
Die Arbeitgeber beschwichtigen. Der Arbeitsmarkt werde sich in den nächsten Jahren stark verändern. «Eine Million Menschen werden in den nächsten zehn Jahren pensioniert», sagt Roland Müller (54), Direktor des Arbeitgeberverbandes. «Dann werden uns etwa 400'000 Leute auf dem Arbeitsmarkt fehlen.» Die Wirtschaft sei daher stark auf ältere Arbeitnehmende angewiesen.
«Mich verwundern diese Ergebnisse kein bisschen», entgegnet Pardini. «Es gibt Firmen, die einen elektronischen Filter bei den Bewerbungseingängen haben: Wer älter ist als Jahrgang 1968, bekommt auf seine Bewerbung automatisch eine Absage. Das ist eine klare Diskriminierung und gehört verboten», ärgert er sich.
Tiefere PK-Beiträge
Doch die Bürgerlichen wollen nichts verbieten, um den liberalen Arbeitsmarkt nicht zu gefährden. Die schlechteren Chancen der Generation 50+ möchten sie mit einem anderen Mittel kompensieren: tieferen Beitragssätzen für die Pensionskasse für über 50-Jährige. «Das würde die Attraktivität von älteren Arbeitnehmern steigern», sagt FDP-Präsidentin Petra Gössi (42).
Denn deren Arbeitskosten würden durch die PK-Beiträge unnötig verteuert. «Wir haben das bei der Altersvorsorge-Reform 2020 angeregt, aber leider keine Mehrheit gefunden.» Zudem appelliert Gössi für eine sogenannte Bogenkarriere: Ältere Arbeitnehmer geben Verantwortung ab und reduzieren ihr Pensum, bleiben dafür aber im Arbeitsmarkt. Doch die ZHAW-Umfrage kommt zum Schluss, dass dies für Arbeitnehmer gar nicht attraktiv ist.
Arbeitgeber pochen auf Ehrlichkeit
Das Rezept der Arbeitgeber gegen einen Jobverlust im reiferen Alter: Ehrliche Mitarbeiterbeurteilungen, in denen Defizite offen angesprochen werden. Und dann korrigierende Massnahmen etwa in Form von Weiterbildungen. Unterlasse man das, könne das gravierende Folgen haben. «Im schlimmsten Fall ist der Mitarbeitende wenige Jahre vor der Pensionierung für den Betrieb nicht länger haltbar», meint der Direktor des Arbeitgeberverbandes, Roland Müller.