Bürgerliche Politiker bereiten Amnestie für Steuersünder vor
Schwarzgeld waschen so günstig wie nie

Neben den Linken wollen nun auch bürgerliche Politiker den Datenaustausch zwischen Banken und Steuerbehörden innerhalb der Schweiz einführen.
Publiziert: 05.06.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:15 Uhr
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Arbeitet am Austausch der Daten mit der EU: Eveline Widmer-Schlumpf.
Foto: RDB
Von Joël Widmer

Schon in wenigen Jahren könnte sich die Steuer­erklärung für jeden Bürger vereinfachen. Mit der Einführung des automatischen Informationsaustausches (AIA) mit der EU 2018 wollen neben den Linken nun auch bürgerliche Politiker den Datenaustausch zwischen Banken und Steuerbehörden innerhalb der Schweiz einführen. Dann würden alle Kontostände Ende Jahr direkt dem Staat gemeldet.

«Es spricht nichts dagegen, den automatischen Informationsaustausch auch im Inland einzuführen», sagt BDP-Chef Martin Landolt. Der AIA habe nur Vorteile, und die Wettbewerbsfähigkeit werde gestärkt. «Das Bankgeheimnis soll die ehrlichen Steuerzahler schützen und nicht den Hinterziehern dienen.» Zudem befürchtet er ohne inländischen AIA ein Glaubwürdigkeitsproblem. «Wenn man globale Standards akzeptiert, aber im Inland andere Massstäbe ansetzt, wird das wohl nicht verstanden.»

Auch CVP-Präsident Christophe Darbellay will nicht nur die Bankdaten aus dem Ausland verwerten: «Ich würde proaktiv und visionär den Entscheid fällen, nur ein System einzuführen.» Sonst hinke man immer hintennach. Man solle also ähnlich wie mit dem AIA mit dem Ausland «auch den Datenaustausch in der Schweiz einführen».

Laut Darbellay werde der Druck der bürgerlichen Finanzdirektoren mit ihren leeren Kassen steigen. Diese wollten «mit gleich langen Spiessen wie ausländische Steuerbehörden operieren können».

Den Datenaustausch könne man aber nur mit «einer fairen Vergangenheitslösung» einführen. Der CVP-Chef hat zusammen mit Parteikollege Guillaume Barazzone auch gleich ein Modell parat: «Die Leute mit Schwarzgeld sollen in einer Amnestie auf dem gesamten Betrag zehn bis 15 Prozent Steuern für die letzten fünf Jahre bezahlen.» Ohne Bussen und Strafverfahren. Der Erlös aus diesen Nachsteuern soll zu einem Drittel in die AHV-Kasse und zu zwei Dritteln an die Kantone fliessen.

Diese Schwarzgeldbereinigung wäre für die meisten Steuersünder günstig. Heute muss man bei einer Selbstanzeige Nachsteuern inklusive Zinsen für die letzten zehn Jahre berappen. So flossen seit 2010 rund 13,5 Milliarden Franken in die Steuerkassen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete.

Landolt rechnet damit, dass noch mehr Geld unversteuert ist: «Die Steuerehrlichkeit in der Schweiz ist nicht so hoch, wie wir es gern darstellen.» Früher habe es dem Zeitgeist entsprochen, dem Staat nicht alles zu zeigen. «Als junger Anlageberater habe ich beispielsweise Gewerbler erlebt, die einen kleinen Teil der Einnahmen auf ein separates undeklariertes Konto schoben.» Die Nachkriegsgeneration habe aus nachvollziehbaren Gründen zum Teil noch Schwarzgeld gehortet. Darum brauche es eine faire Möglichkeit zur Regularisierung.

SP-Chef Christian Levrat traut der bürgerlichen Steuer-Transparenz-Offensive noch nicht: «Ich hoffe, dass ich noch im Parlament bin, wenn der AIA im Inland wirklich verabschiedet wird.» Und er plane lange zu bleiben.

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