Für die Wirtschaftsverbände ist die Abstimmung ein Debakel. Die Millionenkampagne von Gewerbeverband und Economiesuisse floppte. Das Vertrauen des Stimmvolks in die Wirtschaftselite ist in Steuerfragen offenbar erschüttert. Da half auch nicht, dass Economiesuisse diesmal die Frontarbeit den hemdsärmligen Gewerblern überlassen hat.
Die Verbände werden nun selbst von bürgerlichen Politikern scharf kritisiert. Laut dem Zuger FDP-Ständerat Joachim Eder hat es die Kampagne verpasst, «die komplizierte Vorlage in klare und verständliche Botschaften herunterzubrechen». So wie etwa: Nur ein wirtschaftlich starkes Land könne ein soziales Land sein. «Das Strategie-Manko ist eklatant», sagt Eder.
Kampfrhetorik vom Gewerbeverband
Die Lehren aus dem Abstimmungskampf seien klar: Der Gewerbeverband müsse seine Kampfrhetorik aufgeben. Diese komme bei den Leuten schlecht an. «Und Economiesuisse muss wieder greifbarer werden, vor allem an der Front.» Hauptaufgabe müsse sein, das Vertrauen der Menschen in die Wirtschaft zurückzugewinnen.
Eder spricht einen wunden Punkt von Economiesuisse an. Der Verband ist fast nur mit Millionen präsent, nicht aber mit Engagement und klugen Köpfen. Direktorin Monika Rühl ist und bleibt eine Verwaltungsfrau: kompetent, aber ohne Begeisterungskraft. Und Präsident Heinz Karrer hat sicher viele Medientrainings erfolgreich absolviert. Aber genau so wirken auch seine Auftritte: einstudiert und abgeschliffen.
Auch die Mitgliederverbände von Economiesuisse sind alarmiert. Der Verband sei intern wie gelähmt, sagt ein Insider. Karrer und Rühl seien permanent am Zaudern, sie hätten Angst, etwas falsch zu machen.
Bigler steht in der Kritik
Auch dem Schwyzer CVP-Nationalrat Alois Gmür fehlt beim Wirtschaftsverband die Courage: «Der Verband hat zwar das Portemonnaie aufgemacht, war sonst aber nicht sichtbar.» Vertreter von Economiesuisse und der grossen Firmen hätten laut Gmür hinstehen und ehrlich für die Vorlage werben müssen. «Die Stimmbürger wollen die führenden Köpfe sehen und nicht nur die dritte Garnitur.»
Doch auch der Gewerbeverband unter der Führung von FDP-Nationalrat Hans-Ulrich Bigler kriegt sein Fett weg. «Der Gewerbeverband machte eine unsympathische Kampagne, er war zu aggressiv», sagt Gmür.
Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer verteidigt die Kampagne und die Aufgabenteilung mit den Partnern: «Eine breite Allianz ist grundsätzlich gut.» Und Steuervorlagen hätten es auch in der Vergangenheit nicht immer einfach gehabt. «Wir werden die Kampagne aber sicher sorgfältig analysieren.» Der Verband habe vor allem in einer Vorkampagne versucht, sachlich aufzuzeigen, was die Vorteile der Reform seien. «Am Ende hat aber die Angstkampagne der Gegner mehr gezogen», so Karrer.