«Frauen dürfen nicht den Preis für die Krise zahlen»
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Bündnis appelliert an Politik:«Frauen dürfen nicht den Preis für die Krise zahlen»

Bündnis appelliert an die Politik
«Frauen dürfen nicht den Preis für die Krise zahlen»

Ein breites Frauenbündnis fordert mehr Gehör für die Anliegen der Frauen – auch bei der Bewältigung der Corona-Krise.
Publiziert: 31.05.2020 um 00:18 Uhr
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Aktualisiert: 12.07.2020 um 01:46 Uhr
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Ein breites Bündnis von Frauenorganisationen fordert den Bundesrat und das Parlament mit einem Appell auf: «Vergesst die Frauen nicht!»
Foto: Keystone
Dana Liechti

Obwohl Frauen in der Corona-Krise das System mehr denn je am Laufen halten, drohen ihre Anliegen knapp ein Jahr nach dem Frauenstreik in den Hintergrund zu geraten. ­Darum fordert ein breites Bündnis von Frauenorganisationen Bundesrat und Parlament jetzt in ­einem Appell auf: «Vergesst die Frauen nicht!»

Unter den Initiantinnen sind die Frauendachorganisation ­Alliance F, die Eidgenössische Kommission dini Mueter (EKdM), die SP-Frauen, der Katholische Frauenbund, diverse Frauen­streik-Kollektive und der Verband Business & Professional Women (BPW).

Zusammen vertreten sie nach eigenen Angaben Millionen von Frauen. Sie verlangen unter anderem eine zeitgemässe Familienpolitik, bessere Arbeitsbedingungen in system­relevanten Berufen, mehr Einsatz gegen die Gewalt an Frauen und spezifische Unterstützung für Migrantinnen. Zudem dürfe die Finanzierung der aktuellen Krise nicht wie in der Vergangenheit auf dem Rücken der Frauen stattfinden.

In Gesundheit, Bildung und Betreuung abgebaut

Tatsächlich wurden bei früheren Krisen häufig Leistungen im Gesundheitswesen, in der Bildung sowie der Kinder- und ­Altenbetreuung abgebaut.

«Das darf diesmal nicht passieren», sagt Tamara Funi­ciello, Co-Präsidentin der SP-Frauen. Schliesslich sei die Arbeit von Frauen lebenswichtig. Auch Laura Gantenbein sieht das so. Die Grünen-Politikerin ist ­Mitglied des Solothurner Frauenstreik-Kollektivs und sagt: «Wir brauchen dringend Lösungen für den Fachkräftemangel im Care-Sektor.»

Claudine Esseiva, Präsidentin der BPW und Berner FDP-Stadträtin, hinterfragt die Verteilung der Gelder in der Krise: «Dass die Kita-Finanzierung das Ein­zige war, was bei der Corona-Sonderses­sion korrigiert werden musste, ist bezeichnend», sagt sie. «Wir müssen achtgeben, dass die gleiche Teilhabe von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt gewährleistet wird und wir nicht in alte Frauenbilder zurückfallen. Die Stimme der Frauen muss in der Wirtschaft laut und deutlich gehört werden.»

Weder in Wirtschaft noch in Politik

Das sei aber, sagt ­Simona Isler von der EKdM, derzeit weder in der Wirtschaft noch in der Politik der Fall: «Es ist ein Skandal, dass im Corona-­Krisenstab des Bundes ­weder Kinderbetreuerinnen noch Mütter oder Pflege­fachfrauen mit­reden. Darum herrscht ­totales Chaos und gibt es ein ­Finanzloch in diesen ­Bereichen.»

Derselben Meinung ist Kathrin Bertschy, Co-Präsidentin von ­Alliance F und Berner GLP-Na­tionalrätin. «Es wurden fast nur Männer an den Verhandlungstisch geholt. Dabei wären wir ­krisenresistenter, wenn auch die Perspektive und Forderungen der Frauen beachtet würden.» Darum brauche es den Appell. Bertschy ist überzeugt, dass er auf ­Gehör stossen wird. Gerade weil Frauen in der Krise so sichtbar sind – als Pflegefachfrauen, Kinderbetreuerinnen oder im Detailhandel. «Zahlreiche Frauen haben unser Land durch die Krise gesteuert, während vor ­allem Männer sie kommentierten.» Kein Wunder, dass sich die Frauen jetzt wehren.

Eines sei klar, sagt Tamara ­Funiciello: «Der Frauenstreik ist nicht tot. Im Gegenteil. Er ist da, und man sollte ihn ernst ­nehmen!»

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