Juso gegen Economiesuisse heute im Blick-«Abstimmungskampf»
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Duell um 99-Prozent-Initiative:Juso gegen Economiesuisse heute im Blick-«Abstimmungskampf»

Büezer und Bonzen
So viel Steuern zahlen Reiche wirklich

Die Jusos wollen die Reichen stärker zur Kasse bitten. Einkommen, das mit Kapital erzielt wird, soll stärker besteuert werden als Arbeitseinkommen. Allerdings zeigt sich: Die Spitzenverdiener zahlen schon spitzenmässig viel Steuern.
Publiziert: 15.09.2021 um 01:31 Uhr
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Aktualisiert: 15.09.2021 um 08:24 Uhr
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Rahel Blocher erhielt mit ihren Schwestern 2019 fast 330 Millionen Dividenden.
Foto: Keystone
Sermîn Faki

Die Reichen sollen mehr Steuern zahlen. Das fordert die 99-Prozent-Initiative der Juso, die am 26. September an die Urne kommt. Konkret verlangt diese, dass Kapitaleinkommen – insbesondere Dividenden, realisierte Aktiengewinne, Zinsen und Mieteinnahmen – 1,5-mal so stark besteuert werden wie Arbeitseinkommen. Dies allerdings erst ab einem bestimmten Schwellenwert. Die Jusos schlagen 100'000 Franken vor. So wären Kleinsparer und Familien, die eine geerbte Wohnung vermieten, nicht betroffen.

Der Mehrheit der Bevölkerung, die kaum hohe Kapitalerträge hat, dürfte das sympathisch sein, zumal Kapitaleinkommen zum Teil sehr privilegiert sind. So muss man auf Gewinne aus Aktienverkäufen keine Steuern zahlen, solange man nicht als professioneller Wertschriftenhändler gilt. Dividenden müssen zwar voll besteuert werden, aber nur, solange man nicht mehr als zehn Prozent am Unternehmen hält. Diese Privilegien wollen die Jusos abschaffen.

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Lex Blocher oder Hayek

Ein wenig ist die 99-Prozent-Initiative damit eine Lex Blocher oder Lex Hayek. Beide Familien haben in der Schweiz eine Sonderstellung, weil sie besonders von der geringeren Besteuerung von Kapitaleinkommen profitieren. So rechnete der SonntagsBlick vor einem Jahr vor, dass die Blocher-Schwestern Magdalena (51), Miriam (46) und Rahel (44) 2019 insgesamt 329,8 Millionen Franken (kantonal nur zu 50 Prozent besteuerte) Dividenden von der Ems-Group erhielten – mehr, als sie im gleichen Jahr für die Löhne der Belegschaft ausgaben.

Allerdings: Die Dividende wird nur zum Teil besteuert, weil auf den Unternehmensgewinn, aus dem sie stammt, bereits eine Gewinnsteuer bezahlt wurde.

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Wer wofür zahlt, weiss niemand so genau

Zurück zur 99-Prozent-Initiative: Wie viel Geld deren Annahme in die Staatskasse spülen würde, kann niemand sagen. Der Bund hat das nicht ausgerechnet. «Einerseits weil offen ist, wie die Initiative umgesetzt werden würde. Andererseits könnten von der Initiative betroffene Personen ihren Wohnsitz verlegen, um der höheren Besteuerung zu entgehen», wie er schreibt. Ausserdem sei die Datenlage unzureichend.

Das ist richtig: Wie viel von der auf Gemeinde-, Kantons- und Bundesebene entrichteten Einkommenssteuer auf Dividenden, Mieteinkünfte und andere Kapitaleinkommen zurückzuführen sind, weiss niemand. Es wird nicht separat erhoben, weil alle Einkommen im Grundsatz gleich besteuert werden.

Ein bisschen Licht ins Dunkel lässt sich allerdings schon bringen. Christian Frey (36), stellvertretender Leiter Steuern und Finanzen beim Wirtschaftsverband Economiesuisse, schätzt, dass etwa 30 Prozent der Einkommen aus Kapitalerträgen stammen und 70 Prozent aus Arbeitseinkommen. «Man darf mit gutem Recht davon ausgehen, dass vor allem Reiche Kapitaleinkünfte haben», sagt er. Doch diese zahlten bereits ordentlich Einkommenssteuern.

Die wichtigste Steuer des Staats

Die Einkommenssteuer ist die wichtigste Steuereinnahme von Bund, Kantonen und Gemeinden. Sie macht 40,8 Prozent von deren Einnahmen aus. Die Vermögenssteuer hingegen trägt lediglich 5,2 Prozent bei. Wichtiger sind die Gewinnsteuern der Unternehmen mit 16,3 Prozent.

Macht insgesamt etwa 60 Prozent direkte Steuern – die zudem progressiv wirken. Wer mehr hat, muss einen höheren Steuersatz zahlen.

Konkret: Teilt man die Steuerpflichtigen nach Höhe ihrer Einkommen in Klassen ein, so versteuern die «unteren» 50 Prozent nach Abzügen im Schnitt 28'400 Franken pro Jahr. Ihre Steuerbelastung beträgt durchschnittlich 7,4 Prozent.

Ein Prozent zahlt ein Drittel aller Steuern

Das am meisten verdienende Prozent hingegen erzielt ein Einkommen von knapp 757'000 Franken. Und zahlt darauf gut 34 Prozent Steuern. Damit berappt das meistverdienende Prozent knapp ein Viertel aller Einkommenssteuern, auch wenn es «nur» elf Prozent der Einkommenssumme verdient.

Anders bei den unteren 50 Prozent: Sie verdienen 20,7 Prozent aller Einkommen, zahlen aber «nur» 9,8 Prozent aller Einkommenssteuern. So hat es Frey gemeinsam mit Christoph A. Schaltegger von der Uni Luzern ausgerechnet.

Besonders hoch ist die Progression auf Bundesebene. In den Kantonen und Gemeinden spielt hingegen der Steuerwettbewerb – was dazu führt, dass die Vielverdiener besser wegkommen als auf Bundesebene. Dieser Effekt ist in den Zahlen von Frey berücksichtigt.

Bei Unternehmen funktioniert es genau gleich

Auch bei der Gewinnsteuer kommen wenige Unternehmen für den grössten Teil auf: Die 74'000 Firmen, die einen Gewinn zwischen 10'000 und 100'000 Franken machen, zahlen gerade einmal 1,9 Prozent aller Gewinnsteuern. Wohingegen die 11'527 Unternehmen, die mehr als eine Million Franken Gewinn machen, 89,8 Prozent aller Gewinnsteuern zahlen.

Und bei der Vermögenssteuer? «Auch dort spielt die Progression», sagt Frey. Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse hat kürzlich errechnet, dass das reichste Prozent mehr als die Hälfte aller Vermögenssteuern bezahlt.

Was ist gerechter?

Frey sagt auch, dass wenn eine Kapitalgewinnsteuer – wie sie den Jusos vorschwebt – eingeführt würde, «die Vermögenssteuer abgeschafft werden müsste. Sonst würde es zu einer ungerechten Doppelbesteuerung kommen». Darin seien sich die Steuerexperten einig.

Er selbst hält das aktuelle System aber für das mit den besseren Anreizen. «Eine Kapitalgewinnsteuer würde das Unternehmertum abgraben.» Etwa bei einem Start-up. Dieses schaffe Innovation, Arbeitsplätze und Mehrwert. Bei einem Verkauf an ein grosses Unternehmen aber würde dermassen viel Kapitalgewinnsteuer anfallen, dass sich die Investition wegen dem grossen Risiko eines Scheiterns für Start-up-Gründer (oder dessen Investoren) kaum lohnen würde.

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