Kollateralschaden eines Impfkriegs
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Schweiz neu mitten Impfkrieg:Bern lässt EU-Botschafter antraben

Impfdosen-Konflikt mit der EU – Brüssel stuft die Schweiz herab
Bern lässt EU-Botschafter antraben

Verstimmung auf höchster Ebene: Weil ihr die EU Privilegien bei der Verteilung des Covid-Impfstoffs strich, zeigt sich die Eidgenossenschaft pikiert. Nun musste der EU-Botschafter in Bern sich rechtfertigen.
Publiziert: 04.04.2021 um 09:45 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2021 um 10:58 Uhr
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Staatssek­retärin Livia Leu hat wegen der Aktion der EU ...
Foto: Keystone
Tobias Marti

Eine Drohgebärde, ein Zeichen der Missachtung, ein symbolischer Angriff: Wie auch immer man deutet, was die EU-Kommission am Mittwoch vor einer Woche beschlossen hat – eine freundliche Geste wars sicher nicht.

Bisher genoss die Schweiz im Umgang mit den Mitgliedern der EU eine Befreiung von der sogenannten Ausfuhrgenehmigungspflicht. Mit diesem privilegierten Zugang konnte sie bisher auch Covid-19-Impfstoffe aus EU-Ländern ohne Genehmigung beziehen.

Schweiz wurde von der Liste gestrichen

Seit Mittwoch gelten neue Exportregeln: 17 Ländern wurde kurzerhand die Ausnahmeregelung gestrichen – auch der Schweiz.

Bevor ein Impfstoff den EU-Block verlässt, will Brüssel künftig informiert werden. In zweierlei Fällen wirds unangenehm: Wenn ein Staat Impfstoffe bezieht, selber aber keine ausführt, kann die Europäische Union den Stoff blockieren. Zudem sollen Exporte in Länder verboten werden, die eine deutlich höhere Impfquote als die EU aufweisen.

Hintergrund ist ein handelspolitischer Schlagabtausch zwischen der EU und Grossbritannien, von der Presse des Königreichs längst «Impfkrieg» genannt. Weil der Hersteller Astrazeneca grosszügig an Grossbritannien lieferte, aber mit Lieferungen an die EU geizte, drohte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits mit Exportverboten.

Sanktionen für Impferfolge?

Die Schweiz wurde nun zum Opfer dieser Auseinandersetzung. Ein Kollateralschaden, den die EU offenbar in Kauf nimmt.

«Je schneller wir in der Schweiz durchimpfen, das heisst, je besser wir arbeiten, desto grösser ist das Risiko, von der EU mit Lieferbeschränkungen sanktioniert zu werden – das ist paradox!», beschwert sich Andreas Faller (54), ehemaliger Vizedirektor des BAG, heute Anwalt und Berater im Gesundheitswesen.

Wie aber reagiert die Schweiz, immerhin einer der weltweit grössten Covid-19-Impfstoff-Produzenten, auf das EU-Powerplay?

In Bern blieb es bisher verdächtig still. Wie SonntagsBlick erfahren hat, wurde jedoch – hinter den Kulissen – der EU-Botschafter zur Rede gestellt. Zwei Tage nach der «angepassten EU-Massnahme» hat Staatssekretärin Livia Leu den EU-Botschafter Petros Mavromichalis «zu einem Gespräch empfangen», wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) bestätigt. «Die Schweiz fordert, dass sie von der EU Ausfuhrgenehmigungspflicht wieder ausgenommen und der Handel von Covid-19-Impfstoffen sowie von Wirkstoffen nicht eingeschränkt wird.»

Botschafter Mavromichalis versuchte offenbar, die Wogen zu glätten, wie auch schon der «Nebelspalter» berichtete. «Uns wurde zugesichert, dass die Massnahme nicht gegen die Schweiz gerichtet sei», heissts aus der Bundesverwaltung.

Seco gibt sich kämpferisch

Man stehe in Kontakt mit der Europäischen Kommission: «Bei Bedarf interveniert die Schweiz auch direkt bei einzelnen EU-Mitgliedstaaten, um sicherzustellen, dass es zu keinen Verzögerungen in den Lieferketten in die Schweiz kommt», gibt sich das Seco kämpferisch.

Gesundheitsexperte Faller hingegen sieht die Versorgungssicherheit der Schweiz gefährdet und möchte einen Schritt weitergehen: «Jetzt müsste die Schweiz Retorsionsmassnahmen prüfen.»

Dazu das Seco: Der offene und hindernisfreie Handel von Impfstoffen sei wegen der stark verflochtenen Produktionsketten mit dem Ausland von grosser Wichtigkeit. Man sei darum bemüht, den reibungslosen Import und Export dieser Produkte sicherzustellen: «Aktuell ist darum keine neue Ausfuhrbewilligungspflicht geplant. Aber die Bundesbehörden prüfen im Lichte der Entwicklungen alle Handlungsoptionen.»

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