Wegen Datenlöschungen nach Brexit
Karin Keller-Sutter warnt vor erhöhter Terrorgefahr

Die EU-Kommission will im Fall eines harten Brexits sämtliche Daten löschen, die britische Behörden in das europäische Fahndungssystem SIS eingegeben haben. Dies sagte Bundesrätin Karin Keller-Sutter in der «NZZ» und warnt vor erhöhter Terrorgefahr.
Publiziert: 10.03.2019 um 03:19 Uhr
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Aktualisiert: 11.03.2019 um 14:48 Uhr
Justizministerin Karin Keller-Sutter warnt davor, dass die Terrorgefahr in der Schweiz erhöht wird, falls Grossbritannien einen harten Brexit macht. Dann würde die EU-Kommission wichtige Daten über Terroristen löschen, sagt die Bundesrätin in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag».
Foto: Keystone

Die neue Schweizer Justizministerin Karin Keller-Sutter hat im Brexit-Streit vor einer erhöhten Terrorgefahr für die Schweiz gewarnt. Sie kritisierte in einem Interview die EU-Kommission für die harte Haltung, britische Fahndungsdaten über Nacht löschen zu wollen.

Die freisinnige Bundesrätin warnte in der «NZZ am Sonntag» vor gefährlichen Sicherheitslücken bei einem harten Brexit, also einem Austritt Grossbritanniens aus der EU ohne Abkommen. Künftig bestehe die Gefahr, «dass ein Jihadist aus England bei uns einreist und wir das nicht mehr erfahren».

Bei hartem Austritt würden Daten gelöscht

Die EU-Kommission lasse im Fall eines harten Brexits sämtliche Daten löschen, die britische Behörden in das europäische Fahndungssystem SIS eingegeben hätten, erklärte Keller-Sutter, «und zwar am Abend des 29. März um 23 Uhr.» Dies habe für die Sicherheit der Bevölkerung nicht nur in Grossbritannien, sondern auch in der EU und der Schweiz weitreichende Folgen.

«Die Briten liefern gerade in der Terrorabwehr wertvolle Daten.» Diese würden in Zukunft fehlen. In der Schweiz habe es im letzten Jahr 439 Treffer auf Ausschreibungen der Briten gegeben. Die meisten davon hätten Terrorismusverdächtige betroffen.

Bilaterale Lösung wird angestrebt

Die Schweiz ist mit ihren Bedenken nicht allein. So hätten kürzlich mehrere Vertreter von EU-Staaten bei einem Ministertreffen ihre Sorge ausgedrückt, sagte die 55-jährige St. Gallerin weiter. «Die Antwort der Kommission war aber klar: Grossbritannien wird über Nacht abgehängt.»

Keller-Sutter hat für die harte Haltung Brüssels wenig Verständnis. «Die EU-Kommission handelt in dieser Frage strikte nach ihren Grundsätzen und nicht primär nach den Sicherheitsinteressen.» Die Schweiz werde nun zu gegebener Zeit eine bilaterale Lösung mit London anstreben.

Karin Keller-Sutter wurde am 5. Dezember 2018 in den Bundesrat gewählt als Nachfolgerin des Berners Johann Schneider-Ammann. Seit Anfang Jahr steht sie dem Justizdepartement vor. Zuvor war sie zwölf Jahre Polizeidirektorin des Kantons St.Gallen, ab 2012 vertrat sie ihren Kanton im Ständerat. (SDA)

Der Brexit-Fahrplan - so geht es weiter
  • 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
  • 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
  • 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
  • Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
  • Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
  • 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
  • 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
  • 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
  • Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
  • Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
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