Luzern ist ein Mekka für Briefkastenfirmen. Während Basel bekannt ist für seine Pharma und Zürich als Finanzplatz, sammelt man im Zentralschweizer Kanton Namen von Firmen. Diese siedeln sich nur aus Steuergründen an. Denn nirgendwo sonst zahlen Unternehmen so wenig Steuern wie in Luzern.
So wirbt das Unternehmen Regus in der Luzerner Innenstadt mit «Eine Adresse hier – Auch wenn sich Ihr Unternehmen woanders befindet», und auf der Website der Firma heisst es «Virtuelle Büros – Machen Sie einen guten Eindruck». Selbst Telefonannahme und Postbearbeitung bietet Regus an.
Damit ist Regus längst nicht alleine: BLICK bekannte Personen haben drei andere Firmen – alles Treuhandunternehmen – kontaktiert. Eines dieser Gespräche (Name der Firma der Redaktion bekannt) lässt sich auf der Homepage von SP-Kantonsrat David Roth (34) mithören.
Einen Briefkasten, bitte!
Im nachgesprochenen Telefongespräch gibt sich der Anrufer als Vertreter einer Firma im Thurgau aus. Er gibt an, sein Unternehmen verkaufe übers Internet Sneakers. Das Lager und das Versandhaus stünden im Thurgau. Und die Besitzer wohnten in Belgien und New York. Man wolle aber eine Briefkastenfirma in der Stadt zur Steuervermeidung.
Das Treuhandbüro machts möglich. Es ist mit einer Luzerner Adresse zur Stelle, sobald diese benötigt wird. Haben kann der Anrufer nicht bloss eine c/o-Adresse, sondern ihm steht bei Bedarf dank eines «virtuellen Untervermietungsvertrags» gar ein Büro zur Verfügung. Steuern seien dann in Luzern fällig.
Den Schein wahren
Auch unangemeldete Besucher sind kein Problem: Es seien Leute an der Luzerner Büroadresse vor Ort, die Besuchern mitteilten, dass leider gerade niemand da sei. Man nehme gerne eine Nachricht entgegen. Und der Treuhänder gibt Entwarnung: «Wissen Sie, die Steuerbehörden kommen nicht, ohne sich anzumelden.»
Sowieso scheinen Geschäfte übers Internet das Steueramt kaum auf den Plan zu rufen: Man müsse sich darum keine Sorgen machen. «Das Geschäftsfeld des Onlinehandels hinterlässt keine wirklichen Fussspuren in einer spezifischen Region», so der Treuhänder.
Die Schuhhändler müssen zwar nicht in Luzern arbeiten, aber doch mal eine Entscheidung dort treffen, rät er weiter. Auch sollte der Verwaltungsrat in Luzern Sitzungen abhalten. Und wenn man mal einen Telefonanruf von Luzern aus mache, zeige das, dass man nicht in der Ostschweiz tätig sei. Denn wenn es keinerlei Geschäftstätigkeit gebe in Luzern, werde das Steueramt hellhörig.
Dienstleistung: Steuervermeidung
Doch der Service geht noch weiter: Weil niemand von den Sneakers-Händlern in der Schweiz wohnen will, stellt das Treuhandbüro einen «Direktor» mit Schweizer Wohnsitz. Die Turnschuh-Verkäufer müssten unser Land also gar nie betreten. Der «Direktor» unterschreibe dann allfällige Verträge in Luzern, und alles habe seine Richtigkeit.
Letztlich jagt man dem Thurgau so Unternehmenssteuern ab. Doch das ist nicht einmal verboten: Solange das Treuhandbüro nur Tipps gibt, wie Steuern optimiert werden können, stört das keinen. Denn nur Steuerhinterziehung ist verboten, und die Gehilfenschaft dazu. Doch so weit geht man am Telefon nicht.
Trotzdem störend
David Roth sucht mit der Aktion die Öffentlichkeit, denn er will ins Bundesparlament gewählt werden. Ihn stört aber auch, dass durch Luzerner Briefkastenfirmen andernorts Steuergelder entzogen werden – ob im In- oder im Ausland. «Das bringt Luzern keine Vorteile. Denn Arbeitsplätze entstehen durch Briefkästen nicht. Es kommt niemand zu uns, der Einkommenssteuern und AHV-Abgaben zahlt und konsumiert», so der Genosse. Das schade dem Image Luzerns, aber auch der Schweiz.
Alles legal, heisst es. Vielleicht stimmt das auch, und die unzähligen Briefkastenfirmen in Luzern sind rechtens – nach dem Gesetz. Aber richtig?
Die leeren Büros in den Innenstädten, die namenlosen Schilder und der Rundumservice von Treuhandfirmen – das alles hat Folgen. Firmen entziehen dem Fiskus in Lyon, Berlin oder New York mit Briefkästen Steuern. Sie fehlen dort zum Strassenbau, für Schulen und Spitäler, weil es in Zug, Luzern und Schwyz einen Daueraktionspreis mit Wohfühlprogramm gibt. In der Schweiz haben jene das Nachsehen, die unfaire Geschäftsmodelle nicht begünstigen.
Wenn der Rubel rollt, fragt keiner. Das hatten wir schon beim Bankgeheimnis. Erst als man uns aus dem Ausland zu stark auf die Finger klopfte, hörten wir mit dem Geschäftsmodell auf, Geld vor ausländischen Steuerämtern zu verstecken.
Und heute? Wir fahren mit unfairen Praktiken fort und gestehen uns nicht ein, was wir tun. Doch wir sollten damit aufhören, bevor uns wieder jemand anders auf die Finger schlägt.
Alles legal, heisst es. Vielleicht stimmt das auch, und die unzähligen Briefkastenfirmen in Luzern sind rechtens – nach dem Gesetz. Aber richtig?
Die leeren Büros in den Innenstädten, die namenlosen Schilder und der Rundumservice von Treuhandfirmen – das alles hat Folgen. Firmen entziehen dem Fiskus in Lyon, Berlin oder New York mit Briefkästen Steuern. Sie fehlen dort zum Strassenbau, für Schulen und Spitäler, weil es in Zug, Luzern und Schwyz einen Daueraktionspreis mit Wohfühlprogramm gibt. In der Schweiz haben jene das Nachsehen, die unfaire Geschäftsmodelle nicht begünstigen.
Wenn der Rubel rollt, fragt keiner. Das hatten wir schon beim Bankgeheimnis. Erst als man uns aus dem Ausland zu stark auf die Finger klopfte, hörten wir mit dem Geschäftsmodell auf, Geld vor ausländischen Steuerämtern zu verstecken.
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Luzern ist am günstigsten. Die Gewinnsteuern für Unternehmen liegen in der Stadt Luzern bei rund 12,3 Prozent. In Meggen LU sind sie noch einen Prozentpunkt tiefer. Und die einfache Kapitalsteuer liegt für Firmen im Schnitt bei 0,5 Promille. Kapitalintensive Holdings müssen im ganzen Kanton gar nur 0,01 Promille bezahlen – das ist schweizweit der tiefste Satz. Zudem ist der Holdinggewinn auf kantonaler Ebene noch bis Ende Jahr steuerfrei.
Mit seinen Gewinnsteuersätzen liegt Luzern nicht nur im nationalen Vergleich vorne, sondern ist auch international top: Der Kanton wirbt damit, dass Irland eine Gewinnsteuer von 12,5 Prozent habe, die Briten 19 Prozent, Italien 24 Prozent, die Niederlande 25 Prozent, Luxemburg 26, Deutschland 30 und Frankreich gar 31 Prozent.
Gegenüber der Thurgauer Kantonshauptstadt Frauenfeld, die 16,43 Prozent einzieht, sind die Gewinnsteuern in der Stadt Luzern deutlich niedriger. Die Verlegung des Geschäftssitzes kann sich also lohnen.
Doch so sehr gewisse Kantone auch versuchen, die Firmen mit möglichst noch weniger Steuern zu belasten, die internationale Konkurrenz wächst. Grosse Internetkonzerne wie Google oder Facebook sind bestrebt, im Online-Zeitalter möglichst dort den Grossteil ihrer Steuern zu zahlen, wo sie weltweit am geringsten sind. Selbst Tiefststeuerkantone wie Luzern können da nicht mehr mithalten. Deshalb wälzt auch Finanzminister Ueli Maurer (68, SVP) die Idee einer Digitalsteuer zur Besteuerung von Internetgiganten. (pt)
Luzern ist am günstigsten. Die Gewinnsteuern für Unternehmen liegen in der Stadt Luzern bei rund 12,3 Prozent. In Meggen LU sind sie noch einen Prozentpunkt tiefer. Und die einfache Kapitalsteuer liegt für Firmen im Schnitt bei 0,5 Promille. Kapitalintensive Holdings müssen im ganzen Kanton gar nur 0,01 Promille bezahlen – das ist schweizweit der tiefste Satz. Zudem ist der Holdinggewinn auf kantonaler Ebene noch bis Ende Jahr steuerfrei.
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Doch so sehr gewisse Kantone auch versuchen, die Firmen mit möglichst noch weniger Steuern zu belasten, die internationale Konkurrenz wächst. Grosse Internetkonzerne wie Google oder Facebook sind bestrebt, im Online-Zeitalter möglichst dort den Grossteil ihrer Steuern zu zahlen, wo sie weltweit am geringsten sind. Selbst Tiefststeuerkantone wie Luzern können da nicht mehr mithalten. Deshalb wälzt auch Finanzminister Ueli Maurer (68, SVP) die Idee einer Digitalsteuer zur Besteuerung von Internetgiganten. (pt)