Dem abtretenden CVP-Ständerat Urs Schwaller (FR) schwant nichts Gutes hinsichtlich der politischen Auseinandersetzung zwischen den beiden Kammern Ständerat und Nationalrat. Zumindest dann, wenn es am Sonntag zum erwarteten Rechtsrutsch kommt. «Wird die Mitte geschwächt, droht der Rückfall in alte Zeiten mit einer stärkeren Polarisierung, weniger Kompromissbereitschaft und mehr Blockaden», sagt er zu Blick.ch.
Schwaller denkt dabei nur ungern an die Legislatur zwischen 2007 und 2011 zurück, als sich Ständerat und Nationalrat regelmässig in den Haaren lagen. Das widerspiegelt sich an einer rekordhohen Zahl von Vorlagen, die damals in die sogenannte Einigungskonferenz mussten. Dort sollen sich Vertreter der beiden Kammern zum Kompromiss finden, den sie dann ihren Kollegen vorlegen.
30 Vorlagen gingen zwischen 2007 und 2011 in die Einigungskonferenz – sechs davon fielen im Parlament dann trotzdem durch.
«Zentrum konnte Stärke ausspielen»
Seit 2011 dominiert nicht nur im Ständerat die Mitte, auch der Nationalrat gewann im Zentrum dank BDP und GLP kräftig hinzu – vor allem auf Kosten der Rechten. Mit Folgen: In den letzten vier Jahren landeten mit 21 deutlich weniger Vorlagen in der Einigungskonferenz – und nur zwei dieser Geschäfte fielen im Parlament schliesslich ganz durch.
Für Schwaller ein klares Zeichen: «Das Zentrum konnte in dieser Legislatur seine neue Stärke ausspielen.» Man sei in einzelnen Punkten auch mal über den eigenen Schatten gesprungen, um eine Vorlage als Ganzes zu retten.
«Das Verhältnis zwischen den beiden Kammern hat sich verbessert», konstatiert Schwaller. «Umso wichtiger ist es, dass die Mitte ihre Gestaltungskraft behält. Sonst sind gewichtige Geschäfte wie die Energiewende, die Armeereform oder die Altersvorsorge 2020 ernsthaft gefährdet.»
Für Mörgeli sind Blockaden Chancen
Doch während sich Schwaller vor der Rückkehr zum Knatsch-Parlament fürchtet, hat SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli (ZH) keine Angst vor öfteren Blockaden. Im Gegenteil: «Blockaden sind auch eine Chance. Nicht jedes Gesetz ist ein Gewinn, deshalb ist es manchmal besser, wenn es bachab geschickt wird.»
Früher sei es ein Qualitätsmerkmal des Ständerats gewesen, dass er unsinnige Gesetze blockiert habe. «Der Ständerat war über Jahrzehnte ein Garant des Föderalismus und misstrauisch gegenüber bundesstaatlichen Eingriffen. Doch diese Rolle hat er mit der zunehmenden Mitte-links-Dominanz aufgegeben – er ist etatistischer und interventionistischer geworden.»
Dass sich im Ständerat am Sonntag diesbezüglich etwas ändert, glaubt Mörgeli nicht. Tatsächlich dürfte die parteipolitische Zusammensetzung im Grossen und Ganzen etwa die gleiche bleiben.
«Umso wichtiger ist es, dass im Nationalrat die echt bürgerlichen Kräfte gestärkt werden – um der überbordenden Regulierungswut einen Riegel zu schieben», sagt Mörgeli. «Es ist am Nationalrat, die frühere Blockade-Rolle des Ständerats zu übernehmen.»