Die Schweiz darf sich als neutrales Land nicht dazu hinreissen lassen, in Konflikten wie dem Ukraine-Krieg Partei zu ergreifen. Das ist nach Ansicht von alt Bundesrat Christoph Blocher (81) mit der Beteiligung an wirtschaftlichen Sanktionen geschehen.
«Wer hier mitmacht, ist eine Kriegspartei», sagt Blocher im Hinblick auf die Sanktionen in einem Interview mit der «NZZ». Bei kriegerischen Auseinandersetzungen sei es die Politik der Schweiz, den bisherigen Handel einzufrieren und nicht über den «Courant normal» hinauszugehen. Darunter wird verstanden, dass russische Konteninhaber in der Schweiz beispielsweise weiterhin auf ihr Geld in der Schweiz zugreifen können, aber keine neuen Gelder überwiesen beziehungsweise keine neuen Konten eröffnet werden dürfen.
Schweiz habe Chance vertan
«Durch die Teilnahme an den Sanktionen ist die Schweiz jetzt im Krieg», findet Blocher. «Dabei müsste man doch jetzt alles unternehmen, um diesen furchtbaren Krieg so schnell wie möglich zu beenden.»
Als neutraler Staat hätte die Schweiz einen besonderen Beitrag leisten können. Diese Chance sei nun leichtsinnig vertan. Wenn die Bundesräte Viola Amherd und Ignazio Cassis nun von einer Zeitenwende sprächen, verdeckten sie damit nur eigene Schwächen, wirft Blocher der Regierung vor. Dem «Bundesrat war das eigene Ansehen offenbar wichtiger als die Wahrung des Friedens», so seine Schlussfolgerung.
«Weltfremd, an eine Welt ohne Krieg zu glauben»
Der Bundesrat beharre auf dem Einzelfall. Die Botschaft müsse aber sein, dass die Schweiz als friedliebendes Land auf der Grundlage der dauernden Neutralität handle, wie dies die Bundesverfassung verlange. Aber dieses Mal seine eine Kriegsbeteiligung beschlossen worden. Man könne nur hoffen, dass es glimpflich ablaufe.
«Es war weltfremd, an eine Welt ohne Krieg zu glauben, weltfremd zu glauben, dass eine friedliebende Welt ohne Verteidigungsarmeen auskommt», sagt Blocher weiter.
Bundesrats- und Parlamentsmehrheit seien unter dem Druck des In- und Auslandes eingeknickt. Je schlimmer es in der Welt zugehe, desto wichtiger sei die Neutralität. Die Nichteinmischung sei nicht nur Selbstschutz, sie ermögliche erst die Guten Dienste, so der SVP-Doyen. (SDA)