Blocher im Albisgüetli «Wir stehen vor einem stillen Staatsstreich»
Diktatur Schweiz

Noch nie war war die SVP so stark wie heute. An der gestrigen Albisgüetli-Tagung zeigt sich SVP-Übervater Christoph Blocher in seiner «Standortbestimmung» schärfer als je zuvor. «Es ist so: Die Schweiz ist auf dem Weg zur Diktatur», lässt er verlauten.
Publiziert: 15.01.2016 um 21:29 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:44 Uhr
Getrübte Stimmung an der Albisgüetli-Tagung
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Nach SVP-Doppelrücktritt:Getrübte Stimmung an der Albisgüetli-Tagung
Von Christoph Lenz und Nico Menzato

Gestern Abend im Zürcher Albisgüetli. Der Saal ist rappelvoll, als SVP-Übervater Christoph Blocher (75) kurz nach 19.30 Uhr auf die Bühne tritt. Seine Bühne! Er hat die Albisgüetli-Tagung vor 28 Jahren ins Leben gerufen. Inzwischen ist der Anlass unbestritten der höchste Termin im SVP-Kalender.

Die Albisgüetli-Tagung 2016 jedoch ist etwas ganz Besonderes. Nie war die Volkspartei stärker. 29,4 Prozent der Stimmbürger haben ihr im Oktober die Stimme gegeben. Ein historischer Rekord! Fast noch süsser der Triumph im Dezember: Die Bundesversammlung gab dem jahrelangen Drängen der SVP endlich nach und wählte den Waadtländer Weinbauern Guy Parmelin in den Bundesrat. Natürlich in der Erwartung, die SVP liesse sich durch die Wiederherstellung der Konkordanz besänftigen.

Gestern folgte die Nagelprobe. Wie hält es die kraft- und machtstrotzende Volkspartei mit der schweizerischen Kultur des Kompromisses und des Ausgleichs?

Das Fazit fällt eindeutig aus. Von Konkordanz – keine Spur. In seiner «Standortbestimmung» vor der Parteibasis zeigt sich SVP-Übervater Christoph Blocher schärfer als je zuvor.

«Als ich diese Rede geschrieben habe, gab ich ihr den Titel: ‹Die Schweiz auf dem Weg in die Diktatur?›», sagt Blocher. Inzwischen habe er das Frage­zeichen ge­strichen. «Es ist so: Die Schweiz ist auf dem Weg zur Diktatur.» Auf allen Ebenen werde darüber nachgedacht, wie der Volkswille ausgemerzt werden könne. Dass Politiker, Behörden, Verwaltung und Richter erbittert gegen die Durchsetzungs-Initiative kämpften, sei ein deutliches Zeichen. Und es gebe viele mehr.

Deutlicher und vehementer als je zieht Blocher eine Linie durch die Schweiz. Auf der ­einen Seite stünden Eliten, die versuchten, das Volk hinters Licht und die Schweiz in die EU zu führen. Auf der anderen Seite das Volk, das sich gegen die Eliten zur Wehr setzen müsse. «Ich glaube, die Bevölkerung ist erwacht. Die Wirklichkeit drückt durch», so Blocher verschwörerisch.

Er verlangt, dass sämtliche Bundesrichter künftig einen Eid leisten müssen: «Sie sollen vor Volk und Ständen und Gott dem Allmächtigen schwören, die schweizerische Verfassung und die Gesetze zu beachten und die Pflichten ihres Amtes gewissenhaft zu erfüllen.»

Doch nicht nur die Richter wollen das Volk verraten, so Blocher. «Auf den Weg der Diktatur gehen auch die Wissenschaftler, vor allem die Geisteswissenschaftler.»

Als er nach einer guten Stunde zum Schluss kommt, wendet sich Blocher an alle, die fürchten, er wolle abdanken. Er ziehe sich nicht aus dem Parteipräsidium zurück, um aufzuhören, versichert Blocher. «Ich tue das, um anzufangen.»

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