Krimineller Asylbewerber Moumen Z. (29) lacht Schweiz aus
Politiker fordern Neuverhandlungen mit Algerien

Das Rückführungsabkommen zwischen der Schweiz und Algerien sollte die Ausschaffung erleichtern – tut es aber nicht. Verantwortlich ist ausgerechnet SVP-Übervater Christoph Blocher.
Publiziert: 21.08.2017 um 23:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 04:40 Uhr
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Der Algerier Moumen Z.:Trotz 13 Vorstrafen und vier abgelehnten Asylanträgen kann er nicht ausgeschafft werden.
Foto: ZVG
Julien Duc, Nico Menzato und Anian Heierli

Er sei dankbar, dass Algerien Hand geboten habe. Das Abkommen mit dem Maghrebstaat sei ein Durchbruch. So warb der damalige SVP-Justizminister Christoph Blocher (76) im Ständerat für das Rückführungsabkommen (RüA) mit dem nordafrikanischen Staat. Es gilt seit November 2007. Zehn Jahre später wissen wir: Blochers Abkommen taugt nicht.

Bestes Beispiel ist der Fall Moumen Z. (29): Trotz 13 Vorstrafen und vier abgelehnten Asylanträgen kann er nicht ausgeschafft werden. Und klaut fröhlich weiter (BLICK berichtete).

Er ist kein Einzelfall. Das von Blocher ausgehandelte Abkommen hat gravierende Schwächen. So darf die Schweiz algerische Staatsangehörige nur per direktem Linienflug Genf–Algier zurückschaffen. Sonderflüge akzeptiert der Maghrebstaat nicht.

Das führt zur absurden Situation, dass algerische Piloten eine Ausschaffung eines Algeriers noch am Schweizer Flughafen stoppen können. Sie müssen nur vor einem theoretischen Sicherheitsrisiko warnen. In der Praxis kommt das häufig vor.

Wenn sich die abgewiesenen Asylbewerber also gegen die Ausschaffung im Flugzeug wehren, bleiben sie in der Schweiz. Die Kantone müssen sie zurücknehmen.

Das Staatssekretariat für Migration bestätigt, dass von den bestehenden Abkommen nur dasjenige mit Algerien die zwangsweise Rückführung ausschliesst. Was sagt Blocher zu seinem Deal? Er lässt auf Anfrage ausrichten, er könne sich nicht mehr an das Geschäft erinnern.

Wobmann kritisiert «dilettantische Verhältnisse im Asylbereich»

Blocher hin oder her – SVP-Politiker kritisieren das Algerien-Abkommen besonders heftig. «Es kann nicht sein, dass Algerien sich weigert, kriminelle und abgewiesene Landsleute zurückzunehmen», sagt der Zuger Nationalrat Thomas Aeschi (38). Im Sommer verschaffte er sich einen Augenschein vor Ort, er bereiste Algerien mit dem Motorrad.

Nun will er einen Vorstoss einreichen: «Wir sollten die Schengen-Visa als Druckmittel einsetzen.» Die algerische Elite besuche gern die Schweiz. Aeschi schlägt vor, dass sie nur noch Visa ohne Einreisemöglichkeit für die Schweiz erhalten. Und: «Wir sollten ein Freihandelsabkommen nur diskutieren, wenn Algerien bei den Rückübernahmen Konzessionen macht.»

Ins gleiche Horn bläst Parteikollege Walter Wobmann (59): «Das ist ein weiteres Beispiel für die dilettantischen Verhältnisse im Asylbereich.» Dass Linienflüge für Ausschaffungen nicht geeignet seien, wisse jeder. «Wir brauchen zwingend bessere Abkommen mit Sonderflügen.»

Auch Kurt Fluri (62) von der FDP ist der Meinung, dass es Sonderflüge brauche, um reibungslose Ausschaffungen sicherzustellen. Fluri kann sich aber einen Seitenhieb nicht verkneifen: «Es ist ironisch. Die SVP kritisiert ständig das Asylwesen, aber selber macht sie es nicht besser», sagt er mit Blick auf das von Blocher ausgehandelte Abkommen.

Immerhin: Genf fand trotzdem einen Weg, kriminelle Algerier auszuschaffen. «Wir hatten mit einer Fluggesellschaft ein Abkommen, dass sie in Linienflügen zurückgeschafft werden konnten», sagt Sicherheitsdirektor Pierre Maudet (39) zu BLICK. Doch das ist auch passé. Die Airline hat die Direktflüge gestrichen. Deshalb kann jetzt auch Genf kriminelle Algerier nicht mehr ausschaffen.

SVP kann es nicht besser

Kommentar von Matthias Halbeis, Co-Politchef

Die SVP ist mit dem Rückübernahmeabkommen mit Algerien unzufrieden. Zu recht! Wenn Algerien nur Rückübernahmen auf direkten Linienflügen von Genf nach Algier akzeptiert, dann ist das stossend.

Gerade das Beispiel von Einbrecher Moumen Z. aus Algerien, das BLICK gestern publik machte, zeigt, warum neu verhandelt werden muss. Es kann nicht sein, dass Kriminelle wie Z. weiter in der Schweiz bleiben können. Sonst werden noch mehr Gewerbetreibende und Mieter zu seinen Opfern.

Gern stellt die SVP bei solchen Fällen die Frage, wer uns das eingebrockt hat. Die Antwort wird sie wenig freuen: Die grossen Konzessionen an Algerien hat nämlich kein Geringerer als Christoph Blocher gemacht, damals Justizminister. Im Parlament lobte er das Abkommen. In der Praxis versagt es aber.

Das zeigt: Taten einzufordern ist gut und recht. Bei der Umsetzung scheitern aber auch jene, die am lautesten schreien. Das sollte die SVP Demut lehren.

Co-Chef Politik: Matthias Halbeis.
Co-Chef Politik: Matthias Halbeis.
Inge Jurt

Kommentar von Matthias Halbeis, Co-Politchef

Die SVP ist mit dem Rückübernahmeabkommen mit Algerien unzufrieden. Zu recht! Wenn Algerien nur Rückübernahmen auf direkten Linienflügen von Genf nach Algier akzeptiert, dann ist das stossend.

Gerade das Beispiel von Einbrecher Moumen Z. aus Algerien, das BLICK gestern publik machte, zeigt, warum neu verhandelt werden muss. Es kann nicht sein, dass Kriminelle wie Z. weiter in der Schweiz bleiben können. Sonst werden noch mehr Gewerbetreibende und Mieter zu seinen Opfern.

Gern stellt die SVP bei solchen Fällen die Frage, wer uns das eingebrockt hat. Die Antwort wird sie wenig freuen: Die grossen Konzessionen an Algerien hat nämlich kein Geringerer als Christoph Blocher gemacht, damals Justizminister. Im Parlament lobte er das Abkommen. In der Praxis versagt es aber.

Das zeigt: Taten einzufordern ist gut und recht. Bei der Umsetzung scheitern aber auch jene, die am lautesten schreien. Das sollte die SVP Demut lehren.

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