BLICK on Tour zur Selbstbestimmungsinitiative
Die Saalschlacht von Suhr

BLICK on Tour zur Selbstbestimmungsinitiative sorgte für einen bissigen Schlagabtausch und engagierte Voten. Das hochkarätig besetzte Podium lockte Hunderte Zuhörer ins Zentrum Bärenmatte in Suhr AG.
Publiziert: 31.10.2018 um 23:22 Uhr
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Aktualisiert: 02.11.2018 um 14:10 Uhr
Verbaler Schlagabtausch in Suhr AG
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Heftiger Schlagabtausch bei BLICK on tour:Müller verliert wegen Martullo-Blocher die Nerven!
Andrea Willimann und Ruedi Studer

Das hochkarätig besetzte Podium zur SVP-Selbstbestimmungsinitiative bei BLICK on Tour in Suhr AG versprach Spektakel – und die rund 400 Besucher wurden nicht enttäuscht! Die vier Kontrahenten schenkten sich nichts: SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga (58) und FDP-Ständerat Philipp Müller (66, AG) auf der einen sowie SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (49, GR) und Hans-Ueli Vogt (48, ZH), der Vater der Initiative, auf der anderen Seite boten sich einen bissigen Schlagabtausch.

Zwischen- und Buhrufe

Erst fühlte Blick-Gruppe-Chefredaktor Christian Dorer der Justizministerin in einem kurzen Interview auf den Zahn. Schon da zeigte sich: Sommaruga begab sich in der Bärenmatte in die Höhle des Löwen! Die Stimmung war von Beginn weg emotional, was sich auch an vereinzelten Zwischenrufen – auch deutlich unter der Gürtellinie – aus dem Publikum zeigte.

Sommaruga liess sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen. Oder versuchte zumindest, die Contenance zu wahren. «Heftige Diskussionen gehören zur direkten Demokratie», meinte sie gelassen. «Das gefällt mir.»

Danach lag es an Ringier-Publizist Hannes Britschgi als moderierendem Dompteur, seine Gäste und das Publikum im Zaum zu halten. Denn die Politiker zeigten sich von ihrer angriffigsten Seite. «Ich gehe heim. Dass ich mir diesen Mist anhören muss!», verlor selbst Müller zwischendurch die Nerven. Womit er Buhrufe aus dem Publikum erntete. Denn auch bei den Zuhörern gingen die Wogen hoch. Eine hitzige Saalschlacht!

Erfolg für Bundesrätin Simonetta Sommaruga: Der Nationalrat hat sich im Grundsatz für Massnahmen gegen Lohndiskriminierung ausgesprochen. (Archivbild)
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Live – BLICK on Tour:Martullo-Blocher und Sommaruga zur Selbstbestimmungs-Initiative

Während Sommaruga eine gewisse magistrale Zurückhaltung übte, trafen FDP-Mann Müller und seine SVP-Kontrahenten Martullo und Vogt besonders hart aufeinander. Nicht ohne Grund: Man fühlte sich an die Auseinandersetzung über die Durchsetzungsinitiative 2016 erinnert. Dieses Duell fand nun seine Fortsetzung! 

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Das hochkarätig besetzte Podium bei Blick on Tour in Suhr AG.
Foto: Thomas Meier

Und das waren die drei Hauptstreitpunkte:

Was bedeutet die Initiative für die direkte Demokratie ?

Volksentscheide würden durch internationale Abkommen eingeschränkt und deshalb nicht umgesetzt, monierte Vogt. «Da stimmt man über die Begrenzung der Zuwanderung ab und macht eine Einladung für ausländische Arbeitslose daraus», wetterte er. Deshalb müsse der Vorrang der Bundesverfassung festgeschrieben werden.

«Wir halten uns an internationale Verträge, aber wir können im Gesetz auch Ausnahmen festschreiben», so Sommaruga. Eine Änderung sei daher gar nicht nötig. Denn: «Am Schluss hat bei uns die Bevölkerung das letzte Wort.» Sie warnte aber davor, dass wegen des starren Mechanismus der Initiative gar die Gefahr bestehe, «dass das Volk am Schluss weniger Mitbestimmungsrechte hat als zuvor».

Welche Verträge müssen gekündigt werden?

«Das ist das Problem», so Sommaruga. Von den Initianten höre man nie genau, was sich ändern müsse. «Die Initianten wissen nicht, was sie wollen.» Dass dadurch sämtliche Verträge in Frage gestellt würden, sei das Resultat völliger Unsicherheit. Was bei der Gegenseite für Empörung sorgte: «Ich habe diese Kündigungsdrohungen so satt», schimpfte Martullo. «Man kann doch verhandeln, nur macht es unser Bundesrat nicht.»

Und Vogt hielt fest, dass eigentlich die bestehenden Verträge der Bundesverfassung entsprechen würden – ausser dem Personenfreizügigkeitsabkommen. Da die SVP aber bereits eine Kündigungsinitiative eingereicht habe, sei dieser Fall abgedeckt.

Vehement wehrte er sich zudem gegen den Vorwurf, die Initiative ziele auf die Europäische Menschenrechtskonvention und er wolle die Menschenrechte beschneiden: «Wir sind doch keine Bananenrepublik!»

Was bedeutet die Initiative für die Wirtschaft?

Es geht um 600 Wirtschaftsverträge. Und so stellen sich auch die grossen Wirtschaftsverbände gegen die Initiative. Die zunehmenden Regulierungen aus dem Ausland würden auch die Schweizer Wirtschaft immer stärker einschränken, warnt Martullo.

Sommaruga dagegen berichtete, was ihr Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (66) beim Mittagessen mit auf den Weg gegeben habe: «Die Unsicherheit ist das Schlimmste für die Wirtschaft, dann investiert sie nicht mehr.» Und Müller doppelte nach: «Die Initiative gefährdet Arbeitsplätze.»

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