In der Schweizer Hochschullandschaft ist derzeit eine Revolution im Gang. Und das klammheimlich – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Der ETH-Rat will die ihm unterstellten Forschungsanstalten des Bundes neu organisieren. Zwei der renommiertesten Institute der Schweiz sollen zu einem neuen zusammengelegt werden: jenes für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und jenes für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag). Das hat der Rat im September beschlossen, wie ein Sitzungsprotokoll zeigt. Diese Informationen liegen BLICK exklusiv vor.
Die beiden Institute sind Schwergewichte. Allein beim WSL arbeiten 500 Leute. Sie forschen zum Schutz unserer Landschaften und Wälder. Und zum Umgang mit Naturgefahren. So wie das Lawinenforschungsinstitut in Davos. Beim Eawag arbeiten 400 Angestellte – unter anderem zum Gewässerschutz. Sie fanden Pestizide im Grundwasser und sorgten damit vor kurzem für Aufsehen.
Happige Vorwürfe aus dem innersten Kreis
Die Kommunikationsabteilung des ETH-Rats begründet die Zusammenlegung so: Man wolle «ein Institut von Weltklasseformat» schaffen. Um «die Strahlkraft» und die «internationale Sichtbarkeit» zu stärken. Aber vor allem auch, um «den grossen Umweltproblemen unserer Zeit mit Antworten aus der Spitzenforschung zu begegnen», wie der Sprecher des ETH-Rats, Gian-Andri Casutt, sagt. Dafür müsse die Zusammenarbeit der Institutionen verbessert werden.
Der ETH-Rat ist der Verwaltungsrat des ETH-Bereichs. Dieser umfasst die beiden ETH Zürich und Lausanne (EPFL) sowie die Bundes-Forschungsanstalten Paul-Scherrer-Institut (PSI), Eidgenössische Materialprüfungsanstalt (Empa), Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) sowie Wasserforschungsinstitut (Eawag). Der ETH-Bereich ist dem Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung zugeordnet und wird massgeblich durch Bundesgelder finanziert.
Der ETH-Rat ist der Verwaltungsrat des ETH-Bereichs. Dieser umfasst die beiden ETH Zürich und Lausanne (EPFL) sowie die Bundes-Forschungsanstalten Paul-Scherrer-Institut (PSI), Eidgenössische Materialprüfungsanstalt (Empa), Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) sowie Wasserforschungsinstitut (Eawag). Der ETH-Bereich ist dem Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung zugeordnet und wird massgeblich durch Bundesgelder finanziert.
BLICK liegt ein anonymes Schreiben vor, das diese Begründung in Zweifel zieht. Ein Informant aus dem inneren Zirkel der betroffenen Institutionen glaubt, dass es vor allem ums Geld geht. Es sei bekannt, dass die ETH Lausanne nach der Expansionsphase der letzten Jahre dringend Mittel brauche. «Bei der Reorganisation lassen sich so beim Bund Stellen sparen», schreibt er.
Fragen zum Sparpotenzial liess der ETH-Rat gegenüber BLICK unbeantwortet.
Der Informant kritisiert weiter den Zeitpunkt der Reorganisation. Mehrere Male seien solche bereits geprüft – und immer verworfen worden. Jetzt ging es plötzlich ganz schnell: wegen der Interims-Präsidentin des ETH-Rats, Beth Krasna (66). Die Chemieingenieurin steht dem Gremium seit Frühjahr vor. In wenigen Monaten hat sie den Fusions-Entscheid durchgeboxt. Ab Februar übernimmt der ehemalige Rektor der Universität Zürich, Michael Hengartner (53), ihr Amt – und wird vor vollendete Tatsachen gestellt.
Auch zum merkwürdigen Zeitpunkt der Reorganisation nahm der ETH-Rat keine Stellung.
Der dritte Vorwurf: Der ETH-Rat habe die vier Forschungsinstitute «überrumpelt». Sie hatten im Vorfeld keine Möglichkeit mitzureden. Obwohl genau das gemäss Verordnung über den ETH-Bereich Pflicht gewesen wäre. Der ETH-Rat schweigt auch zu diesem Vorwurf.
Das letzte Wort hat die Politik
Wie sehen es die betroffenen Forschungsanstalten? Die Direktion der Eawag bestätigt, dass sie im Vorfeld nicht konsultiert worden sei. Zu den Plänen will sie sich aber nicht äussern. Sie will die Sitzung mit Beth Krasna von nächster Woche abwarten. Vom WSL liegt keine Stellungnahme vor.
Fest steht: In den kommenden Monaten will der ETH-Rat mit den Institutsleitungen zusammensitzen und weiter planen. Noch in diesem Monat soll dann die Öffentlichkeit informiert werden, wie der Sprecher sagt.
Am Ende wird die Politik das letzte Wort haben: Das neu gewählte Parlament muss die Pläne absegnen.