Schweizer reden nicht gerne über Geld. Bauern reden nicht gerne über staatliche Zuwendungen. Wenn beides zusammenkommt, wird ein Acker schnell zum Minenfeld. Das musste auch BLICK feststellen, als es den Direktzahlungs-Simulator veröffentlichte. Dank diesem kann jeder sehen, wofür alles Direktzahlungen ausgezahlt werden.
Dutzende Leser, meist mit landwirtschaftlichem Hintergrund, haben sich daraufhin gemeldet. Der Tenor war eindeutig: Die Realität sehe anders aus, hinter den Direktzahlungen steckten viel Aufwand und nicht nur Geld. Die meisten wollten aber nicht mit Namen hinstehen.
Anders Thomas Estermann. «Als ich heute Mittag die Blick-App besuchte, kam mir dies sehr befremdend vor», schrieb er BLICK. Wir haben bei ihm nachgefragt, was für ihn Direktzahlungen bedeuten.
Tierfutter ohne Pestizide
34 Jahre alt, aufgewachsen in Gunzwil LU, wird der Landwirt ab Neujahr den elterlichen Hof übernehmen. Dann heissts um fünf Uhr mit der Arbeit beginnen, eine 55-Stunden-Woche ist die Regel. Der Jungbauer lebt von der Rindermast. «Wir kaufen junge Kälber, entwöhnen sie von der Muttermilch und gewöhnen sie ans Raufutter.»
Eine Streichung der Direktzahlungen führe in seinem Fall sofort zu teurem Rindfleisch: «Direktzahlungen sind auch eine Produktvergünstigung für den Konsumenten.»
Aber nicht nur auf den Preis wirkten sich die Direktzahlungen aus. «Ohne Direktzahlungen hätten wir nicht die gleiche Fleischqualität.» Denn Direktzahlungen seien kein Bonus, um damit die Ferien zu finanzieren.
Hinter den Direktzahlungen stehe ein Regelwerk, das eingehalten werden müsse. «Dank der Direktzahlungen können wir Gras und Mais selber produzieren. Dadurch garantieren wir Tierfutter, das frei ist von Glyphosat oder anderen Pestiziden.» Jährlich tauchten Kontrolleure auf, überprüften, ob Papier und Realität übereinstimmen.
Farbenpracht statt Monokulturen
Besonders stört sich Estermann aber daran, dass er von der Bevölkerung den Vorwurf hört, die Bauern verdienten sich mit den Direktzahlungen eine goldene Nase. «Wir häufen das Geld nicht auf unserem Konto an, wir reinvestieren, denn wir sind Unternehmer.» Das wirke sich wiederum auf die lokalen Handwerksbetriebe aus, die auch davon profitieren.
Ein weiteres Reizwort: Subventionen. 1992 beschloss das Parlament, die Subventionen durch Direktzahlungen abzulösen. Damit unterstützt der Bund nicht mehr die Landwirtschaft, sondern bestellt konkrete Leistungen bei den Bauern. Sei es Landschaftsschutz, Biodiversität oder die Sicherung der Landesversorgung. Diese werden auf die Hektare genau abgerechnet. Estermann wünscht sich, dass auch darüber mehr berichtet wird.
«Direktzahlungen bedeuten einen Mehrwert für den Konsumenten und sie prägen auch unser Landschaftsbild mit.» Farbenpracht statt Monokulturen.
Ab Januar wird er die Verantwortung über den Hof übernehmen. Aus Überzeugung, sagt er, damit die Landwirtschaft eine Zukunft habe. «Ohne Direktzahlungen funktioniert dies aber nicht.»