Alles sprach vom «Rechtsrutsch», nachdem die SVP im Oktober einen historischen Wahlsieg gefeiert und elf zusätzliche Sitze im Nationalrat erobert hatte. Fünf Wochen später ist auch der neue Ständerat vollzählig. Und es zeigt sich: Der «Rechtsrutsch» hat sich zum «Rechtsrütschli» abgemildert.
Gewiss: Auch in der kleinen Kammer wurde das bürgerliche Lager gestärkt. Parteichef Philipp Müller und IT-Unternehmer Ruedi Noser konnten die prestigeträchtigen FDP-Sitze in Zürich und Aargau verteidigen. Unter dem Strich bleiben zwei zusätzliche Mandate für den Freisinn, er kommt neu auf 13 Ständeräte und kann mit der CVP gleichziehen.
Doch das reicht nicht, um im Parlament ein rechtes Powerplay aufzuziehen. Schuld ist die SVP, die im Ständerat einfach nicht vom Fleck kommt. 2011 scheiterte sie mit ihren Zugpferden Christoph Blocher (ZH), Adrian Amstutz (BE) und Toni Brunner (SG). 2015 gingen gemässigtere Kräfte an der Urne unter: Albert Rösti (BE), Hansjörg Knecht (AG) und Jean-François Rime (FR). Auch das Zürcher Experiment mit dem intellektuell-urbanen Blocher-Zögling Hans-Ueli Vogt: ein Schlag ins Wasser.
Auch Tell würde als SVPler nicht gewählt
Die Erfolglosigkeit ist keine Frage des Personals. Die SVP könnte wohl auch Wilhelm Tell aufstellen, er würde nicht gewählt. Warum? Weil die Volkspartei und ihre Vertreter für viele Moderate unwählbar geworden sind. Daran wird sich so schnell nichts ändern. Es sei denn, die Blocher-Partei korrigiert ihren Kurs und ihren Stil grundlegend.
Ohnehin steigt der Mässigungsdruck auf die SVP. Weil sie in der kommenden Legislatur wieder angemessen im Bundesrat vertreten sein wird. Weil etliche essentielle Reformen und Themen auf der Tagesordnung stehen (Altersvorsorge, Unternehmenssteuerreform III, Europa). Und weil eine Blockade zwischen dem rechtslastigen Nationalrat und dem mitte-links-dominierten Ständerat für die Schweiz nicht verkraftbar ist. Schon gar nicht in diesen schwierigen Zeiten.