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Blasenartige Einschlüsse könnten doch gefährlich sein
Neue Zweifel an der Sicherheit von Atomkraftwerk Beznau

Drei Jahre lang war Beznau I stillgelegt. Letztes Jahr ging das AKW wieder ans Netz. Zu Unrecht, sagt das private Öko-Institut Darmstadt. Die Sicherheit des Kernkraftwerks müsse nochmals überprüft werden.
Publiziert: 06.11.2019 um 16:29 Uhr
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Aktualisiert: 06.06.2020 um 11:09 Uhr
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Drei Jahre lang war Beznau I nicht in Betrieb.
Foto: Anja Wurm

Drei Jahre lang ruhte Beznau I. Erst vergangenes Jahr durfte das älteste Kernkraftwerk der Welt wieder ans Netz. Gestützt auf den Sicherheitsbericht der Betreiberfirma Axpo gab die Atomaufsichtsbehörde ENSI im Frühling 2018 grünes Licht, das AKW wieder hochzufahren.

Doch nun zieht das Öko-Institut Darmstadt den Entscheid des ENSI und die Sicherheit von Beznau I in Zweifel. Die Sicherheitsprüfung der Axpo sei ungeeignet gewesen und hätte nicht wissenschaftlichen Standards entsprochen, schreibt das private Institut in einem Gutachten, das die «Rundschau» nun publik macht.

Umstrittene Tests mit einer Kopie

Was war geschehen? 2015 entdeckte die Axpo über Tausend blasenartige Einschlüsse von Fremdmaterial im Stahl des Reaktordruckbehälters – dem nuklearen Herz eines Atomkrafwerks. Die Situation war klar: Die Sicherheit des AKW konnte nicht mehr garantiert werden. Beznau I musste auf Geheiss des ENSI vom Netz.

Die Betreiberin Axpo sah sich in der Folge gezwungen, die Sicherheit des AKW nachzuweisen. Der Stromkonzern musste zeigen, dass die Einschlüsse den Reaktordruckbehälter nicht schwächen.

Da die Axpo kein Originalmaterial für ihre Tests verwenden konnte, liess der Stromkonzern kurzerhand eine Kopie des Reaktorrings erstellen. «Sozusagen nach dem originalen Kochrezept», beschrieb die Axpo 2018 das weltweit einmalige Vorgehen.

Kopie nicht zulässig

Doch dieses Vorgehen sorgt nun für harsche Kritik: «Das Material der Kopie wurde anders als das Original nicht 50 Jahre lang bestrahlt und es war nicht dem Druck und den Temperaturen im Reaktor ausgesetzt», sagt Simone Mohr vom Öko-Institut.

Es sei nicht zulässig vom Zustand der Kopie auf jenen des Originals zu schliessen. Und Mohr warnt: Eine Fehleinschätzung könne schwerwiegende Folgen haben. «Wenn ein Druckbehälter zu stark belastet wird und versagt, ist das nicht mehr zu beherrschen», so die Expertin.

Forderung nach unabhängiger Prüfung

Die Aufsichtsbehörde ENSI will sich zum Gutachten des Öko-Instituts inhaltlich nicht äussern. Beznau I erfülle weiterhin alle gesetzlichen Auflagen. Axpo-Sprecher Antonio Sommavilla verteidigt zudem das Kopie-Verfahren: «Im Rahmen breiter Untersuchungen – bestrahlten wie unbestrahlten Materials – hat man gesehen, dass man die Untersuchungen anhand des unbestrahlten Materials machen konnte.»

Die AKW-kritische Schweizerische Energie-Stiftung, die das Gutachten gemeinsam mit Greenpeace beim Öko-Institut in Auftrag gegeben hat, fordert nun Konsequenzen. «Beznau I muss sofort vom Netz genommen werden bis der Sicherheitsnachweis nach wissenschaftlich anerkannten Methoden erfolgt ist», so Simon Banholzer, Energieexperte der Stiftung. (til)

Mehr zum Fall erfahren Sie heute Abend in der Rundschau um 20:05 Uhr auf SRF 1.

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