«Bild der Schweiz im Ausland stärken»
Bund will 680 neue Autos für 44,2 Mio

Die geplante Dienstwagen-Flotte des EDA ist heikel. Bei der Entwicklungshilfe Deza stehen schon heute Missbrauchsvorwürfe im Raum.
Publiziert: 07.06.2015 um 10:48 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:46 Uhr
680 Fahrzeuge für die 170 Auslandsstellen des Bundes (Symbolbild): Das Projekt heisst auf Französisch «Flotte de véhicules de service pour le DFAE».
Foto: Keystone
Von Florian Imbach und Simon Marti

Das Aussendepartement EDA will eine eigene Fahrzeugflotte für die Schweizer Vertretungen im Ausland aufbauen. Dazu plant das EDA den Kauf von 680 Fahrzeugen. SonntagsBlick liegt der interne Projektbeschrieb vor. Die Anschaffung und Folgekosten belaufen sich demnach auf 44,2 Millionen Franken für vier Jahre. Das EDA bestätigt das Projekt, das sich noch in der «Reflexionsphase» befinde. Mit der Flotte soll laut Projektbeschrieb das «Bild der Schweiz im Ausland» gestärkt werden. «Qualitativ hochstehende Dienstfahrzeuge» würden «besser dem Image der Schweiz entsprechen, das das EDA im Ausland vermitteln möchte».

Hintergrund des Projekts ist aber offenbar ein ganz anderer: Ein Knatsch zwischen dem diplomatischen Korps und den Entwicklungshelfern der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), die ebenfalls im EDA angesiedelt ist. Die Mitarbeiter des diplomatischen Korps bis hin zum Botschafter besitzen in der Regel keine Dienstfahrzeuge. Sie nutzen ihre privaten Wagen auch geschäftlich – und erhalten dafür eine pauschale Entschädigung. Im Gegensatz dazu fahren Deza-Mitarbeiter im Ausland oft mit Dienstfahrzeugen, die sie für Projekte nutzen dürfen. EDA-Insider sprechen in vertraulichen Gesprächen von einem weitverbreiteten Missbrauch. Der Vorwurf: Deza-Mitarbeiter nutzten Dienstfahrzeuge im grossen Stil für private Zwecke – ohne dafür zu bezahlen. Ein EDA-Mitarbeiter sagt: «Die Praxis ist weitverbreitet. Auf den Botschaften weiss praktisch jeder, dass dies so läuft.»

Dabei ist die Regel klar: Die private Nutzung ist grundsätzlich nicht erlaubt. Der Deza-Bürochef kann eine Ausnahmebewilligung erteilen. Solche Fahrten müssen aber in jedem Fall im Fahrtenbuch aufgeführt und mit 70 Rappen pro Kilometer abgerechnet werden. Die Praxis werde regelmässig vom Deza-Bürochef und dem Finanzchef vor Ort überprüft, so das EDA. Das geschehe praktisch nie, sagen dagegen übereinstimmend Mitarbeiter im Inland und Ausland. Auch die Finanzkontrolle stellte bei Stichproben im Ausland schon erstaunt fest, dass Fahrtenkontrollhefte gar nicht vorhanden sind.

Im Projektdokument schreibt das EDA von «Unsicherheiten» bei der Nutzung von Dienstfahrzeugen und «unterschiedlicher Praxis» innerhalb des Departements. Im Ausland kommt es oft zu Konflikten zwischen Entwicklungshelfern und Diplomaten. Während das diplomatische Korps die Deza-Mitarbeiter «Sandalen-Fraktion» nennt, bezeichnet das Deza ihrerseits den diplomatischen Dienst als «Restdepartement».

Gerade bei den Fahrzeugen zeigen sich die unterschiedlichen Kulturen. Denn: Was die Deza-Mitarbeiter laut Insidern im Ausland mit den Projektfahrzeugen erledigen, hat mit «Projekten» oftmals nichts zu tun. Ein EDA-Mitarbeiter erzählt: «Sie bringen die Kinder zur Schule, fahren zum Einkaufen, in den Ausgang.» Und das geschehe nicht etwa in abgelegene Krisengebieten, sondern in Grossstädten wie Pretoria oder Lima. Städte, in denen Entwicklungshelfer die Projektfahrzeuge wie ihre Privatautos behandelten, während der Botschafter im privaten Skoda herumfahren müsse.

Für Diplomaten gelten restriktivere Regeln Das EDA legt Wert auf die Feststellung, dass missbräuchliches Verhalten nicht toleriert werde – und die Beschaffung von Fahrzeugen noch nicht beschlossen sei.

Doch sogar die Verantwortlichen des EDA schreiben in der Projektdokumentation: In der Praxis im Ausland leben die Mitarbeiter des diplomatischen Korps nach «viel strengeren Regeln» als die Deza-Mitarbeiter. Diesen grundsätzlichen Konflikt dürfte auch ein Millionenkauf von 680 Autos nicht lösen.

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