Besuch bei den Staatsgärtnern
Hier blüht dem Bundesrat was

Im Schatten des Bundeshauses liegt die Bundesgärtnerei. Ihre Angestellten sorgen dafür, dass sich die Schweiz bei öffentlichen Anlässen im besten Licht präsentiert. Und sie kennen auch die Vorlieben der Bundesräte.
Publiziert: 14.01.2017 um 17:33 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 22:40 Uhr
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Unspektakulär im Schatten des Bundeshauses liegt die Bundesgärtnerei.
Foto: Peter Mosimann
Simon Huwiler

Doris Leuthard ist müde. Der dicke Aktenstapel wird einfach nicht kleiner. Kaum ist eine Interpellation abgearbeitet, reicht der nächste übermütige Nationalrat eine weitere Frage ein. Da wird man Bundespräsidentin und darf trotzdem kein Präsidial-Double einsetzen! Nur der üppige Blumenstrauss auf ihrem Pult lässt Leuthard neue magistrale Kraft tanken. Am Montag wurde er erst noch gebracht. Wie jeden Montag klopfte die Angestellte der Bundesgärtnerei an die Türe. Frau Bundesrätin, flüsterte sie, Ihre Blumen sind da. Ich stelle sie Ihnen auf den Tisch. Sprach es und war wie ein Geist verschwunden. Weisse Rosen – Motion 16.3712 ist abgearbeitet. Bunte Enziane – ein weiterer Vertrag ist unterzeichnet.

Nur nicht auffallen

Irgendwie so stellt man sich die hochgeheimen Szenen vor. Man wird wohl nie erfahren, ob Doris Leuthard wirklich am Strauss schnuppert. Sicher ist: Jeden Montag steht ein frischer Strauss auf ihrem Pult, arrangiert von der Bundesgärtnerei.

Peter Gabi bespricht mit Floristin Brigitta Baumann die Dekoration.
Foto: Peter Mosimann

Im Schatten des Bundeshauses liegt diese kaum bekannte Gärtnerei, halb verborgen unter der Marzilibahn. Eine Verbotstafel warnt ausdrücklich vor dem Betreten des Geländes. Die angedrohte Busse beträgt 2000 Franken – viel Geld für einen geklauten Strauss. Peter Gabi (51) leitet die verschwiegene Truppe, die hier arbeitet. Im langgezogenen Arbeitsraum duftet es nach Grün. Dutzende Blumen warten darauf, zu Sträussen verarbeitet zu werden. Farbige Töpfe leuchten um die Wette.

Zehn Personen hat der Chefgärtner des Bundes unter sich. Gärtner pflegen die Dutzenden Grünflächen rund um die Bundeshäuser, Floristinnen sorgen für die Farbenpracht. Ihre Produkte haben gerade Hochkonjunktur. Weisse Rosen, Gerbera und Enziane für die frisch gewählte Bundespräsidentin Doris Leuthard. Dezent gelbe Gerbera, Meerlavendel und Kamillen für den Ständeratspräsidenten Ivo Bischofberger. Diese Bilder sieht die ganze Schweiz. Und eben: Jede Woche frische Blumen für Berset, Parmelin und Co.

Brigitta Baumann ist eine von zehn Mitarbeitern der Bundesgärtnerei. Jede Woche liefern sie den Bundesräten frische Blumen. Am meisten zu tun geben aber Anlässe.
Foto: Peter Mosimann

«Wir wissen von den Vorlieben der Bundesräte», verrät Gabi, entsprechend würden die Sträusse angefertigt. Dann ist es mit der Offenheit aber auch schon vorbei, denn die Vorlieben werden vertraulich behandelt. Es sind wohl die scheusten Gärtner der Nation. Ein Kommunikationsverantwortlicher begleitet BLICK, achtet mit Argusaugen darauf, dass nichts Unbedarftes an die Öffentlichkeit gelangt.

Rot grüsst das Militär

Brigitta Baumann (56) arbeitet gerade an einem opulenten Strauss für eine Vertragsverhandlung. Vertreter aus Deutschland, Österreich und der Schweiz werden anwesend sein. «Deshalb haben wir die Farben Rot, Weiss und Gelb gewählt, ganz nach den drei Landesfarben», erklärt Baumann. Die Blumen müssen zu den aufgestellten Fahnen passen. Ein grossflächiges Poster mit den Flaggen der Welt unterstützt die Gärtner dabei. Einfacher sei es bei Anlässen des Militärs, so Gabi, «die Armee wünscht meistens rote und weisse Blumen».

Dieser Strauss von Silvia Seiler wird bei einer Vertragsverhandlung mit verschiedenen Nationen zum Einsatz kommen.
Foto: Peter Mosimann

Bis gestern lief die Organisation eines jährlichen Grossanlasses auf Hochtouren: Der heutige Neujahrsempfang des diplomatischen Corps. «Dann müssen alle mit anpacken.» Aus dem Verwalter Gabi wird dann wieder der zupackende Gärtner. Seit November laufen die Vorbereitungen. Drei Tage vor dem Empfang werden die rund 40 Arrangements angefertigt. Da Leuthard dem Bundesrat vorstehen wird, werden sie gemäss ihren Vorlieben zusammengestellt. Aber selbst durch die Blume entlockt man den Gärtnern keine präzisen Informationen zu den Farben. Nach dem Anlass heisst es erneut antraben, Gestecke einsammeln und sie für den nächsten Anlass parat machen. Recycling beginnt bei den Blumen.

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