Die Sonne wollte sich einfach nicht zeigen am heutigen 11. November in Paris. Der Himmel über der Stadt an der Seine weinte den gesamten Tag. Wie passend, denn in der französischen Hauptstadt gedachten 72 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt der 17 Millionen Toten und Abermillionen Verletzten des Ersten Weltkriegs.
Die Zeremonie unter dem Arc de Triomphe begann um 11 Uhr. Auf die Stunde genau 100 Jahre nachdem Deutsche, Franzosen und Briten in einem Eisenbahnwagen im Norden Frankreichs den Waffenstillstand von Compiègne unterzeichneten und damit die Kampfhandlungen des bis dahin verheerendsten Krieges der Geschichte beendeten.
Trump fuhr mit dem Biest vor
Die Staatschefs – darunter die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (64), der kanadische Premierminister Justin Trudeau (46) und Bundespräsident Alain Berset (46) – reisten gemeinsam zur Zeremonie an, in vier grossen Cars, die sie vom Elysée-Palast zum Arc de Triomphe brachten.
Mit zwei Ausnahmen: Sowohl der russische Präsident Wladimir Putin (66) als auch US-Präsident Donald Trump (72) und Gattin Melania (48) zogen es vor, in ihren eigenen Limousinen vorzufahren. Zumindest bei Trump war es nicht nur ein politisches Statement: Aus Sicherheitsgründen, so hiess es in Paris, musste er seinen gepanzerten Cadillac «The Beast» benutzen.
Wobei ihm das auch nicht half. Denn just, als er vorfuhr, warf sich eine junge, halbnackte Frau auf die Champs-Elysées, die «Fake Peacemaker» (falscher Friedensmacher) auf ihren Oberkörper geschrieben hatte.
Trump hatte schon am Tag zuvor für Schlagzeilen gesorgt, als er einen Gedenkbesuch auf einem amerikanischen Soldatenfriedhof abgesagt hatte – weil es regnete.
Spannungen verstärken sich
Der würdevolle Gedenkanlass wurde nicht nur vom grauen Himmel getrübt, sondern auch von einer sich abzeichnenden Spaltung der Weltmächte. Auf der einen Seite die Unilateralisten Putin und Trump, die sich auffällig herzlich begrüssten.
Auf der anderen Seite Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron (40), die innige Freundschaft demonstrierten und damit für eine enge Kooperation der Weltstaaten warben. 100 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kühlt sich das internationale Klima zwischen den Weltmächten wieder ab.
«Sicherheit ist nur gemeinsam möglich»
Auf welcher Seite die Schweiz steht, machte Berset klar. «Die beiden Weltkriege haben in Europa zu einem Konsens geführt, der nichts an Aktualität eingebüsst hat. Nämlich dass internationale Kooperation für die Sicherheit Europas nicht von naivem Idealismus zeugt, sondern im aufgeklärten Eigeninteresse aller Staaten gründet», so der Bundespräsident, der die Einladung als Würdigung der humanitären Tradition der Schweiz wertete.
«Sicherheit in Europa ist nur gemeinsam möglich», so Berset weiter, der daran erinnerte, dass die europäische Integration «das erfolgreichste politische Friedensprojekt der neueren Geschichte» sei.