Seit Anfang des Jahres sind bei der Beratungsstelle Zwangsheirat 26 neue Fälle von Kindern unter 16 Jahren eingegangen, die Opfer von erzwungenen Ehen oder Verlobungen geworden sind. Das ist eine Vervielfachung: In den zehn Jahren seit Bestehen der Fachstelle bis Ende 2015 sind insgesamt nur fünf Meldungen von Zwangsehen mit unter 16-Jährigen eingegangen.
Seit Januar sind zudem 93 weitere Meldungen über Minderjährige zwischen 16 und 18 Jahren eingegangen, die von Eltern oder Verwandten in eine Partnerschaft gedrängt wurden. Das berichtet die «NZZ am Sonntag». Die meisten zwangsverheirateten Minderjährigen stammen aus Eritrea, Somalia, dem Irak, Afghanistan und Syrien.
10-jähriges Opfer aus Somalia
Die Meldungen stammen meist nicht von den Opfern selbst, sondern von Fachpersonen der Kinder. So habe die Fachstelle durch eine Sozialarbeiterin vom Fall einer 10-jährigen verheirateten Somalierin erfahren, die in der Schweiz zur Schule geht.
Als weiteres Beispiel berichtet Anu Sivaganesan, Präsidentin der Fachstelle, von einer schockierten Ärztin, die kürzlich bei einer Untersuchung den sexuellen Missbrauch eines Kinds festgestellt und dann bei der Befragung erfahren habe, dass das Mädchen zwangsverheiratet worden war.
In der Schweiz werden Zwangsehen seit drei Jahren von Amtes wegen verfolgt. Sie gelten als Verbrechen und nicht bloss als Vergehen – es drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis. (sf)