Der schweizerisch-guatemaltekische Doppelbürger Sperisen (54) stand bereits zum vierten Mal in Genf vor Gericht. Er wird beschuldigt, 2006 als Polizeichef von Guatemala an der Tötung von sieben Häftlingen beteiligt gewesen zu sein.
Die wehrlosen Opfer hätten unter Sperisens Schutz gestanden, sagte die Vorsitzende der Berufungs- und Revisionsstrafkammer am Donnerstag. Sie seien auf «feige und brutale Weise» erschossen worden. Für die Kammer war Sperisen sehr wohl ein Komplize. Sie folgte deshalb der Staatsanwaltschaft und verurteilte ihn zu 14 Jahren Haft. Die Verteidigung will erneut ans Bundesgericht gelangen.
Festnahme 2012 in Genf
In diesem vierten Prozess befanden die Richter die Zeugen als besonders glaubwürdig. Gemäss ihren Aussagen war Erwin Sperisen in seiner Funktion als Polizeichef über die Machenschaften des Killerkommandos informiert, das die Häftlinge hinrichtete.
Der Fall zieht sich wegen zahlreicher Beschwerden seit mehr als zwölf Jahren hin. Sperisen flüchtete 2007 mit seiner Familie in die Schweiz. 2012 wurde er in Genf festgenommen. Ursprünglich wurde er wegen zehn Morden angeklagt. Neben den sieben Häftlingen, die bei der Meuterei in der Strafanstalt Pavon starben, warf ihm die Genfer Staatsanwaltschaft auch eine Beteiligung an der Hinrichtung von drei Männern vor, die aus einem anderen guatemaltekischen Gefängnis geflohen waren.
Vierter Prozess
In den ersten beiden Prozessen wurde Sperisen des Mordes für schuldig befunden und zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Als er zum dritten Mal in Genf vor Gericht stand, wurde ihm lediglich Beihilfe zum Mord vorgeworfen. Er wurde zu 15 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Sperisen verbrachte mehr als elf Jahre im Gefängnis. Im Oktober 2023 wurde er freigelassen. Das Bundesgericht hatte seine Verurteilung aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Juni 2023 aufgehoben.
Die Strassburger Richter waren zum Schluss gekommen, dass die Präsidentin der Beschwerdekammer des Genfer Berufungsgerichts beim Prozess im April 2018 befangen war und Sperisen kein faires Verfahren erhalten hatte. Dies sollte nun im aktuellen vierten Prozess anders werden.