Bei Volks-Ja zu Atomausstieg
SVP erwägt Kapitulation vor Leuthard

Die Schweizerische Volkspartei sammelt Unterschriften gegen die Energiestrategie. Sagt das Volk in zwei Wochen Ja zum Atomausstieg, gibt sie den Kampf womöglich auf.
Publiziert: 14.11.2016 um 21:24 Uhr
|
Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:54 Uhr
SVP-Parteipräsident Albert Rösti.
Foto: MARCEL BIERI
Christof Vuille
Hat Umweltministerin Doris Leuthard (CVP) ihre Energiestrategie schon im Trockenen?
Foto: Keystone

Die Bevölkerung hat es in der Hand, die Weichen für die künftige Strom- und Energieversorgung zu stellen. Am 27. November entscheidet sie, ob bald alle Atomkraftwerke vom Netz gehen. Nur wenige Monate nach der Grünen-Initiative dürfte die Energiestrategie 2050 von Bundesrätin Doris Leuthard (CVP) vors Volk kommen. Die SVP hat praktisch im Alleingang das Referendum dagegen ergriffen. Auch diese Vorlage beinhaltet den Ausstieg aus der Kernkraft – allerdings ohne fixes Datum.

Die Grünen und ihre Mitstreiter konzentrieren ihre Kräfte voll und ganz auf die Ausstiegs-Initiative. Kein Wunder, denn gemäss aktuellen Umfragen befürwortet eine Mehrheit der Bevölkerung das Anliegen.

Deshalb rauchen in der SVP die Köpfe. Gemäss BLICK-Informationen gibt es prominente Stimmen, die im Fall einer Annahme der Initiative auf den Rückzug des Referendums pochen. Gerade unter Nationalräten, die in der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek) sitzen, wird das Thema heiss diskutiert. Zu dieser Gruppe gehört auch Parteipräsident Albert Rösti.

Er sagt, die SVP werde bis am 27. November die «wirtschaftsschädliche und gefährliche» Ausstiegs-Initiative «mit Vollgas» bekämpfen. Aber: «Sollte sie wider Erwarten angenommen werden, würden wir bezüglich des Referendums gegen die Energiestrategie sicherlich eine Standortbestimmung vornehmen.»

Die finanzielle Belastung von Haushalten und KMU durch die Energiestrategie dürfe aber auch in diesem Fall hinterfragt werden, so der Berner. Konkreter will der SVP-Chef noch nicht werden.

Urek-Mitglied Franz Ruppen (VS) will den «zuständigen Gremien nicht vorgreifen», gibt aber zu bedenken, dass es nach einem Ja «insbesondere» zu berücksichtigen gelte, «dass der Volkswille nach allen Abstimmungen zu respektieren ist». Auch Energiepolitiker Felix Müri (LU) teilt diese Position: «Der Volkswille müsste in diesem Fall sehr ernst genommen werden.»

Das sieht auch Rösti so. Allerdings lässt er sich alle Optionen offen und sagt: «Bei der Energiestrategie geht es um weit mehr als bei der Ausstiegs-Initiative.» Tatsächlich beinhaltet das erste Paket, das an die Urne kommen soll, Massnahmen, um die Energieeffizienz zu erhöhen und erneuerbare Energien auszubauen.

Dennoch dürfte die SVP während der heissen Phase der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative in Erklärungsnot kommen, sollte sie am Referendum festhalten. Die Ausstiegs-Initianten jedenfalls würden ein Einlenken begrüssen.

Grünen-Vize Bastien Girod fände einen Abbruch konsequent.
Foto: Keystone

«Ich lobe die SVP selten, aber in dieser Frage scheint mir ihre Haltung konsequent», sagt Grünen-Vize Bastien Girod (ZH) auf Anfrage. Damit sei auch aus politischen Überlegungen klar, «dass Befürworter der Energiestrategie dem Atomausstieg zustimmen müssen, um sie ins Trockene zu bringen».

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?