Für Hans-Jürg Käser, Berner FDP-Regierungsrat und Präsident der kantonalen Polizeidirektoren-Konferenz, ist klar: «Bei der Koran-Verteilaktion ‹Lies!› handelt es sich nicht einfach um fromme Männer, die in der Innenstadt ihr heiliges Buch verteilen. Dahinter verbirgt sich ein System.»
Im Interview mit der «NZZ» erklärt Käser, was er damit meint: «‹Lies!› ist zwar in der Schweiz keine eigenständige Organisation, sondern wird von Deutschland aus geführt.» Das macht es schwieriger, ein Verbot auszusprechen. Käser: «Dennoch ist die Bewegung hier aktiv. Es ist nachgewiesen, dass sich Leute in ihrem Umfeld radikalisiert haben. Deshalb sollte man ein Verbot prüfen, um gegen sie vorzugehen.»
Die Tolerierung von «Lies!» erweckt laut Käser den Eindruck, als seien die Standaktionen in den Innenstädten anständig und legal. Das ist für den Berner Polizeidirektor ein Problem: «Manchmal ist der Rechtsstaat schon sehr naiv. Mit einem Verbot hingegen würde man öffentlich ein Zeichen setzen.»
Analysieren, wie man ein Verbot definiert
Auf den Einwand der Journalisten, dass nach einem Verbot der Koran-Verteilaktion wie in Deutschland einfach eine neue radikale Gruppierung auftauche, sagt Käser:«Natürlich müsste man genauer analysieren, wie ein solches Verbot aussehen könnte. Als Erstes sollte man ‹Lies!› und ähnliche Organisationen definieren.» Man müsste also genau wissen, was sie seien, was sie machten und wer dahinterstecke, erklärt Käser.
Aus seiner Sicht widerspricht ein Verbot auch nicht dem Recht auf Religionsfreiheit: «Mitglieder der Koran-Verteilaktion haben sich gegenüber Medien immer wieder folgendermassen geäussert: Wir halten uns nur an die Gesetze, wenn sie kompatibel sind mit unserem Glauben. Doch die Religionsfreiheit gibt niemandem einen Freipass, sich nicht an unsere Gesetze zu halten.» (hlm)
In Deutschland ermittelten die Behörden ein Jahr lang im Umfeld des salafistischen Predigers Ibrahim Abou Nagie. Ihnen war aufgefallen: Immer wieder reisten Jugendliche, die zuvor den Koran an «Lies!»-Ständen verteilten, nach Syrien. Viele von ihnen liessen im «heiligen Krieg» ihr Leben. Die Ermittler sammelten Namen und deckten das Netzwerk der Salafisten auf.
Am 25. Oktober schliesslich wurde die Gruppe «Die wahre Religion», welche die Koranverteilaktionen von «Lies!» organisierte, per Gerichtsentscheid verboten. Knapp drei Wochen brauchte die Polizei, um das Verbot durchzusetzen. Im Morgengrauen des 15. November stürmte sie knapp 200 Wohnungen, Moscheen und andere Räume. Die Koranverteilaktionen in Deutschland sind seither gestoppt. «Liebe Geschwister, der Koran wurde verboten in Deutschland. Wir haben jedem Allahs Botschaft erbracht. Allah u Akbar», schreibt der Verein auf seiner Facebookseite.
In Deutschland ermittelten die Behörden ein Jahr lang im Umfeld des salafistischen Predigers Ibrahim Abou Nagie. Ihnen war aufgefallen: Immer wieder reisten Jugendliche, die zuvor den Koran an «Lies!»-Ständen verteilten, nach Syrien. Viele von ihnen liessen im «heiligen Krieg» ihr Leben. Die Ermittler sammelten Namen und deckten das Netzwerk der Salafisten auf.
Am 25. Oktober schliesslich wurde die Gruppe «Die wahre Religion», welche die Koranverteilaktionen von «Lies!» organisierte, per Gerichtsentscheid verboten. Knapp drei Wochen brauchte die Polizei, um das Verbot durchzusetzen. Im Morgengrauen des 15. November stürmte sie knapp 200 Wohnungen, Moscheen und andere Räume. Die Koranverteilaktionen in Deutschland sind seither gestoppt. «Liebe Geschwister, der Koran wurde verboten in Deutschland. Wir haben jedem Allahs Botschaft erbracht. Allah u Akbar», schreibt der Verein auf seiner Facebookseite.