2017 exportierte die Schweiz Waffen und Munition im Wert von fast einer halben Milliarde Franken. Zu wenig, finden die heimischen Rüstungskonzerne. Und haben sich darum an die Politik gewandt. Diese soll die Ausfuhrbestimmungen lockern. Um mehr Profit zu machen, wollen die Rüstungsfirmen künftig auch Kriegsmaterial in Länder liefern, in denen Bürgerkrieg herrscht.
Im Bundesrat stösst die Industrie auf offene Ohren. FDP-Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (66) ist derzeit daran, die Kriegsmaterialverordnung zu lockern. Wohin Schweizer Waffen geliefert werden, bestimmt nämlich der Bundesrat im Alleingang. Parlament und Bevölkerung haben nichts zu sagen.
Waffenexporte ins Gesetz
Doch nun formiert sich Widerstand. Die BDP-Fraktion wird am nächsten Montag einen Vorstoss einreichen, der die Landesregierung entmachten will. Die Motion stammt aus der Feder von BDP-Präsident Martin Landolt (50).
Er verlangt, dass die Richtlinien für Waffenexporte vom Parlament festgelegt werden. Und das Volk das Referendum ergreifen kann. Konkret sollen die Kriterien, die bestimmen, ob ein Waffenexport bewilligt wird, nicht mehr in einer Verordnung geregelt sein, sondern im Kriegsmaterialgesetz.
Landolt ist überzeugt: Der Schweizer Bevölkerung ist der Einsatz von Schweizer Waffen in Staaten wie Saudi-Arabien und der Türkei nicht geheuer. Saudi-Arabien ist nicht nur im Bürgerkrieg im Jemen aktiv. Die Schweiz hat auch keine Kontrolle darüber, wo die Waffen landen.
So sagte Carla Del Ponte (71), ehemalige Sonderermittlerin der Uno in Syrien, kürzlich gegenüber der «Schweizer Illustrierten», sie habe Hinweise gefunden, dass Schweizer Waffen in Syrien eingesetzt worden seien. Und ob die Türkei bei ihrem Einmarsch in Nordsyrien die Schweizer Kriegsgüter zu Hause lässt, kann ebenfalls niemand garantieren.
12'000 Unterschriften gegen die Lockerung
Und der Widerstand aus der Bevölkerung wächst. Landolt verweist auf eine Petition, die jüngst der Bundeskanzlei übergeben wurde: «Innerhalb weniger Wochen sind 12'000 Unterschriften gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer zusammenkommen», sagt er. «Doch weder Volk noch Parlament haben Mitspracherechte. In einer direkten Demokratie ist das falsch.»
Zumal oft nicht einmal der Bundesrat entscheide, wohin ein Rüstungskonzern bestimmte Waffen liefern darf, sondern die Verwaltung. Verantwortlich für die Bewilligungen sind das Staatssekretariat für Wirtschaft und das Aussendepartement.
Nur wenn diese sich nicht einigen können, kommt ein Gesuch in den Gesamtbundesrat. Die BDP fordert, dass solche Entscheide nicht von der Verwaltung gefällt werden. «Sondern von jenen, die die Verantwortung tragen: den Stimmbürgern und ihren Vertretern im Parlament.»
«Wenig demokratisches Gespür»
Anders als die Rüstungskonzerne darf Landolt nicht auf Verständnis im Bundesrat hoffen. Als publik wurde, dass Schneider-Ammann den Rüstungskonzernen entgegenkommen will, protestierten Nationalrätinnen von der Grünen Sibel Arslan (37) bis hin zu SVP-Frau Natalie Rickli (41) gegen die Lockerung.
Und GLP-Politikerin Kathrin Bertschy (38) fragte, ob der Bundesrat dazu das Parlament anhören werde. Sie wurde rüde abgefertigt: Waffenexporte fielen in die Zuständigkeit der Regierung, hiess es lapidar von Schneider-Ammann.
«Das zeugt von wenig demokratischem Gespür», kommentiert Landolt. Für ihn ein Grund mehr, zusätzliche Mitspracherechte zu fordern. «Damit uns der Bundesrat nicht mehr einfach so abbügeln kann.»