Schon vor den Wahlen machten fast alle Bundesräte reinen Tisch: Sie treten wieder zu den Gesamterneuerungswahlen vom 9. Dezember an. Nur BDP-Magistratin Eveline Widmer-Schlumpf lässt sich Zeit. Nicht nur ihre Gegner, auch ihre Freunde lässt sie zappeln.
Niemand weiss derzeit mit Gewissheit, ob sie bald ihren Rücktritt ankündigt (was viele vermuten) oder den Hosenlupf mit der SVP doch nochmals wagt (was ihr manche zutrauen).
Letzteres wünscht sich vor allem ihre BDP. Denn ohne das magistrales Aushängeschild scheint die Zukunft der Kleinpartei mehr als unsicher.
Bundesratssitzung wäre geeignet
Warten auf Widmer-Schlumpf heisst die aktuelle Politposse. Grundsätzlich ist sie frei, wann sie ihren Entscheid bekannt gibt. Bei einer Rücktrittsankündigung wäre einzig Usus, dass sie zuerst die National- und Ständeratspräsidenten sowie ihre Bundesratskollegen vorinformiert.
Eine Bundesratssitzung wäre dafür durchaus geeignet – also diesen oder nächsten Mittwoch zum Beispiel. Aber noch lange kein Muss.
Eine andere Option: Am Samstag tagen die BDP-Delegierten in Bern. Widmer-Schlumpf steht zwar nicht auf dem offiziellen Programm, wird aber an der Versammlung teilnehmen und auch zur Basis sprechen.
Allerdings würde sie an einem solchen Anlass wohl kaum ihren Rücktritt ankünden, glauben Partei-Insider, sondern dann eher das Gegenteil: Eine erneute Kandidatur.
SVP piesacken
Denkbar ist aber auch, dass sie ihren Entscheid bis nach den noch offenen Ständeratswahlgängen vertagt. Am 22. November stehen die letzten Ausmarchungen an. Dann ist die Zusammensetzung der Bundesversammlung (National- und Ständerat) und damit des 246-köpfigen Wahlgremiums für den Bundesrat endgültig klar.
Schöner Nebeneffekt: Damit könnte sie auch die SVP noch ein bisschen piesacken. Diese will möchte ihre Bundesratskandidaten nämlich schon vorher nominieren. Je nachdem, ob Widmer-Schlumpf wieder antritt oder nicht, drängt sich aber eine andere Strategie auf.
Tritt sie an, steht die Kampfkandidatur eines moderaten Kandidaten im Vordergrund. Tritt sie zurück, kann die SVP auch mit einem Hardliner-Doppelticket ins Rennen steigen.
Abwahl vermeiden
Klar scheint derzeit nur: Widmer-Schlumpf tritt nur dann an, wenn sie sich einer Wiederwahl sicher ist. Ihre politische Karriere will sie auf keinen Fall mit einer Abwahl beenden.
In der BDP ist man derzeit aber durchaus zuversichtlich, dass es rechnerisch knapp für eine Wiederwahl reicht. Für Widmer-Schlumpf stellt sich nun mehr schon grundsätzlich die Frage, ob sie sich die Arbeit in einem klar nach rechts gerutschten Parlament überhaupt noch antun will.