Bauernpräsident Ritter will 400-Mio-Geschenk
Bodenlose Heuchelei

Bauernpräsident Markus Ritter predigt gerne den Kulturlandschutz. Trotzdem weibelt er für ein 400-Millionen-Franken-Steuergeschenk für Bauern, die Bauland verkaufen und der Zersiedelung preisgeben.
Publiziert: 27.04.2016 um 09:20 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 05:48 Uhr
«Das ist Enteignung»: Bauernpräsident Markus Ritter kämpft dafür, dass Bauern bei Bauland-Verkäufen weniger Steuern zahlen müssen.
Foto: Sobli
Christoph Lenz

Bestens gelaunt trat Markus Ritter am Sonntag bei «Giacobbo/Müller» auf. Besorgt gab sich der Bauernpräsident und CVP-Nationalrat (SG) nur bei einem Thema. Der Zersiedelung.

«Wir verbauen pro Sekunde einen Quadtratmeter Boden. Wenn das so weitergeht, ist in 200 Jahren die ganze Fläche zwischen Genfersee und Bodensee verbaut.» Dem Schutz des Kulturlands diene denn auch die vom Bauernverband lancierte Volksinitiative für Ernährungssicherheit.

Die SRF-Komiker Viktor Giacobbo und Mike Müller nickten verständnisvoll.

Kulturlandschutz predigen, Zersiedelung fördern

Was die Zuschauer nicht erfuhren: Ritter weibelt derzeit in Bern intensiv für ein Geschäft, das dem Kulturlandschutz fundamental zuwiderläuft. Heute kommt es im Nationalrat zum Showdown.

Der Hintergrund: 2011 entschied das Bundesgericht, dass Bauern Gewinne aus dem Verkauf von Bauland vollumfänglich versteuern müssen. Zuvor hatten Landwirte von einer privilegierten Besteuerung profitiert.

Nun fordern Ritter und seine Agrar-Lobby eine Rückkehr zum Bodenprivileg. Ein Steuergeschenk für die Bauern von 200 Millionen Franken pro Jahr. Weitere 200 Millionen könnten sie künftig an AHV-Abgaben sparen. Somit ist klar: Setzt sich die Agrar-Lobby durch, steigen für Bauern die Anreize, Baulandreserven zu verkaufen – und für Überbauungen freizugeben.

«Mit Händen und Füssen gegen Auszonungen wehren»: Regula Rytz (Grüne).
Foto: EQ Images

Die Ungleichbehandlung schadet dem Kulturlandschutz, ist Regula Rytz (Grüne) überzeugt. «Wer Bauland privilegiert verkaufen kann, wird sich mit Händen und Füssen gegen Auszonungen wehren.»

Ritter: «Bauern nicht benachteiligen»

Ist Ritter ein Kulturland-Heuchler? Der Bauernpräsident weist den Vorwurf zurück. «Ich kämpfe für das Kulturland. Wir verlangen lediglich, dass die Bauern bei Grundstückgewinnen nicht benachteiligt werden.» Unter der heutigen Regelung müssten Landwirte teils bis zu 70 Prozent des erzielten Mehrwerts an Steuern und Abgaben an den Fiskus abliefern – viel mehr als Private oder Erbengemeinschaften. «Das ist Enteignung!» 

Kleinbauern lehnen Steuerprivileg ab

Trotzdem erntet Ritter sogar aus der eigenen Branche Widerspruch. Barbara Küttel von der Kleinbauern Vereinigung: «Vom Bodenprivileg würden nur wenige Bauern mit Bauland profitieren. Die Reichen werden zusätzlich gefördert. Das finden wir sehr problematisch.» Beim Kulturlandschutz sei der Bauernverband nicht glaubwürdig: «Man redet oft davon. Doch wird es konkret, sind andere Dinge plötzlich viel wichtiger.»

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