Bergbauer Armin Capaul (67) war am letzten Abstimmungssonntag trotz Niederlage in Feierlaune. 45 Prozent Ja-Stimmen holte seine Hornkuh-Initiative. Für ein Volksbegehren ein Anteil, der sich sehen lässt – ganz besonders angesichts der Tatsache, dass der 67-Jährige praktisch im Alleingang und fast ohne Budget auf Stimmenfang gegangen war.
Der Achtungserfolg freut nicht nur Capaul und seine Anhänger. Bereits ist eine nächste Initiative zum Thema Tierwohl in der Pipeline: die Massentierhaltungs-Initiative. Sie ist noch im Sammelstadium, dennoch zittern die Bauern schon jetzt vor ihr. Denn mit der Forderung, die Massentierhaltung in der Schweiz zu verbieten, würde sie im Gegensatz zu Capauls Anliegen die Schweizer Landwirtschaft komplett umkrempeln.
«Das Abstimmungsergebnis der Hornkuh-Initiative stimmt uns positiv», sagt Tobias Sennhauser, Präsident von Tier im Fokus. Die Tierrechtsorganisation ist Teil des Initiativkomitees. Das Resultat zeige: «Die Bevölkerung begrüsst Anliegen, bei denen es um das Tierwohl geht.»
Drei Viertel gegen Massentierhaltung
Das zeigt auch eine von der Tierrechtsorganisation in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage, deren Ergebnisse BLICK vorliegen. Drei von vier Schweizern sagen demnach eher oder bestimmt Ja zur Abschaffung der Massentierhaltung. Besonders bei Frauen stösst das Anliegen der Initiative auf offene Ohren: 82 Prozent der weiblichen Befragten sind für die Abschaffung der industriellen Tierhaltung, bei den Männern sind es 70 Prozent.
Das Ergebnis zeige, dass man auf dem richtigen Weg sei, sagt Tierrechtler Sennhauser. «Mit unserer Initiative treffen wir offenbar einen Nerv in der Bevölkerung.»
Ebenfalls in der Umfrage abgefragt wurde, ob die Schweizer mit den Tieren in Massentierhaltung mitfühlen. Drei von vier über 65-Jährigen sagen, dass sie sich schlecht oder gar sehr schlecht fühlen, wenn sie an Tiere in Massentierhaltung denken. 16 Prozent fühlen sich weder gut noch schlecht. Ganz anders das Bild bei den Jungen: Unter den 18- bis 39-Jährigen fühlen sich nur knapp die Hälfte schlecht. Der Anteil Gleichgültiger ist fast gleich gross.
«Das gibt uns zu denken»
«Das gibt uns zu denken», sagt Sennhauser. «Ich hätte bei den Jungen mehr Mitgefühl für Tiere in Massentierhaltung erwartet.» Er erklärt sich das Ergebnis damit, dass den Jungen der Bezug zur Landwirtschaft fehle. «Ältere Generationen wurden im Widerstand gegen Käfighaltung von Legehennen oder enthornte Rinder sensibilisiert», sagt er.
Den Jungen hingegen fehlten diese Erfahrungen, vermutet er. Um sie dennoch fürs Thema zu gewinnen, will Tier im Fokus nun mit einer Online-Kampagne gezielt diese Generation ansprechen.
Hinter der Massentierhaltungs-Initiative steht der Verein Sentience Politics, der bereits in mehreren Städten Volksbegehren für mehr vegane Menüs in Kantinen eingereicht hat. Seit der Lancierung im Sommer habe man bereits rund ein Viertel der nötigen Unterschriften gesammelt, sagt Sentience-Geschäftsleiterin Meret Schneider. «Die Reaktionen der Menschen auf der Strasse sind sehr positiv. Sie unterschreiben gerne.» Man sei deshalb optimistisch, dass die Initiative zustande kommt.