Sie gilt im Kanton Zürich schon fast als Wahlwunder. 2007 schaffte Barbara Schmid-Federer den Einzug in den Nationalrat aus dem Stand – nämlich ohne dass sie zuvor Kantonsrätin gewesen war. Dies hatte im wählerstärksten Kanton zuvor fast als zwingende Voraussetzung für eine Wahl ins nationale Parlament gegolten.
Ein Faktor für ihre Wahl gilt noch immer ihre gute Kampagnenarbeit. Darüber schrieb der Berner Kampagnen-Spezialist Mark Balsiger ein Buch, in dem er den Fall von Schmid-Federer genau analysierte. Ein wichtiger Punkt: Schmid-Federer hatte sich für ein Plakat entschieden, das nur den Slogan «Barbara is Bundeshus» sowie farbige Skizzen ihrer Wohngemeinde Männedorf und des Bundeshauses. Ein Bild der Kandidatin suchte man vergebens.
Die Ausgangslage für die CVP in Sachen Nationalratswahlen hat sich seither im Kanton Zürich nicht verbessert. 2011 verlor die Partei das dritte Mandat, das Schmid-Federer 2007 miterobert hatte. Im Herbst könnte die christliche Volkspartei sogar noch einen weiteren Sitz einbüssen. Vor diesem Hintergrund ist für viele Beobachter klar, dass die Kandidatur Schmid-Federers für den Ständerat wohl eher der Partei im Kampf um die Vertretung in der grossen Kammer nützen soll. Ihre Parteikollegin Kathy Riklin hatte ja auch aus den gleichen Überlegungen 2007 gleichzeitig für die grosse und kleine Kammer kandidiert.
Für den Majorz-Wahlkampf hat Schmid-Federer nun ihre erfolgreiche Kampagne von 2007 hervorgeholt und ein wenig adaptiert. So sieht man nun das gezeichnete Gesicht der Kandidatin und wie schon damals Skizzen von zwei wichtigen Symbolen. Diesmal ist es jedoch nicht ein Gebäude aus der Wohngemeinde, sondern das Zürcher Grossmünster. Doch Bundeshaus wie Grossmünster sind für die klassischen CVP-ler schwierige Symbole.
Das Zürcher Grossmünster ist nämlich ein Symbol des Protestantismus in der Schweiz. Immerhin wirkte dort Reformator Huldrych Zwingli ab 1519 als Leutpriester. Auf seine Initiative liess der Stadtrat von Zürich 1524 die Altarbilder aus der Kirche entfernen. Und das Bundeshaus ist eigentlich auch ein Symbol für die Bundesverfassung von 1848, die nach dem Sieg der Liberalen über die Konservativen und ihren Sonderbund entstand und die moderne Schweiz erst ermöglichte.
Sonst spielt die CVP-Nationalrätin ja immer die Katholiken-Karte: Vor allem dann wenn sie den Grossvater ihres Grossvaters mütterlicherseits ins Spiel bringt. Josef Zemp (1834 - 1908) aus Entlebuch war nämlich der erste Schweizerische Bundesrat überhaupt, der nicht der FDP angehörte, wie Schmid-Federer auf ihrer Homepage stolz schreibt. Er gilt als legendärer Konservativer und war einer der wichtigsten Bezugspunkte des katholisch-konservativen Milieus.
Vielleicht ist die Wahl von Grossmünster und Bundshaus als Sujets aber auch ein klares Bekenntnis von Schmid-Federer, dass sie im Kanton Zürich auf die Stimmen von Protestanten und Liberalen angewiesen ist. Und wohl auch aktiv darum buhlen muss. Und das wäre dann ja wiederum eine grosse Genugtuung für Protestanten wie Liberale.