Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr (60) will den Hassprediger der Winterthurer An'Nur-Moschee um jeden Preis loswerden. Weils mit der Ausschaffung des verurteilten Imams (26) harzt, hat sich der SP-ler bereits mit Bundesrätin und Parteikollegin Simonetta Sommaruga (58) angelegt – und ist drauf und dran, es sich auch mit ihrer Nachfolgerin im Justizdepartement, Karin Keller-Sutter (55, FDP), zu verscherzen.
Fehrs Hoffnung: Je lauter er poltert, desto mehr bemüht sich Bundesbern, den Hassprediger endlich ausser Landes zu schaffen. Doch diese Strategie könnte zum Bumerang werden. «Ich verstehe nicht, dass Herr Fehr den Fall öffentlich so breittritt», sagt Alberto Achermann, Professor für Migrationsrecht an der Uni Bern. Denn unter Umständen führt das dazu, dass der Äthiopier erst recht nicht ausgeschafft werden kann. «Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Prominenz einer Person zu einer neuen Verfolgungssituation führt», so Achermann.
Öffentliche Aufmerksamkeit gefährdet Ausschaffung
Grund dafür sind sogenannte Nachfluchtgründe, die ein Asylbewerber geltend machen kann. Damit sind Verfolgungsgründe gemeint, die erst nach der Flucht einer Person aus seinem Herkunftsland entstehen – zum Beispiel wegen regierungskritischer politischer Tätigkeit. Reicht eine Person unter Berufung darauf ein Asylgesuch ein, kann er deswegen allenfalls als Flüchtling anerkannt werden. Zum Beispiel, weil der dann plötzlich an Leib und Leben bedroht ist.
Eine Möglichkeit, die auch beim Winterthurer Hassprediger besteht. Die Berichterstattung über den Fall führe zu einer erhöhten Exponierung des Äthiopiers, sagt Peter Meier von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe. «Diese könnte zur Folge haben, dass subjektive Nachfluchtgründe bejaht werden» – je nach den drohenden Konsequenzen im Herkunftsland. Und Äthiopien geht im Kampf gegen Radikalismus hart vor. Einen «gefährlichen Islamisten», als den ihn Fehr bezeichnet, wird das afrikanische Land sicher nicht mit Handkuss zurücknehmen. Professor Achermann: «Je gefährlicher der Mann dargestellt wird, desto grösser ist das Risiko, dass man ihn nicht mehr zurückschicken kann.»
SVP-ler setzten sich für syrische Familie ein
Mit Medienpräsenz die Anerkennung als Flüchtling erzwingen: Das ist in der Vergangenheit laut Achermann auch schon mehrfach versucht worden. 2011 haben auf Drängen christlicher Organisationen mehrere SVP-Nationalräte im Parlament den Fall einer syrischen Familie öffentlich gemacht, die nach ihrer Flucht zum Christentum konvertiert ist und angab, dass ihr deswegen in ihrer Heimat die Verfolgung droht. Das Publikmachen zeigte offenbar Wirkung. Die Familie wurde im vierten Versuch schliesslich vorläufig aufgenommen.